In der interdisziplinären Veranstaltung »Sinnliche Erfahrung, Wissen und Illusion« steht eines der ältesten wissenschaftlichen Probleme im Mittelpunkt: die Frage nach der sinnlichen Erfahrung. Die Perzeption ist Wissensobjekt und zugleich die Voraussetzung für Wissen überhaupt. Ist unser Zugang zur Welt in erster Linie durch die Wahrnehmung bestimmt, so zeigt das Phänomen der Perzeption jedoch eine problematische Seite: Ist die Welt so, wie ich sie wahrnehme? Kann ich meinen Sinnen trauen? Nehmen die anderen die Welt so wahr, wie ich? Das Seminar soll mit unterschiedlichen methodologischen und theoretischen Ansätzen zu der Frage nach der sinnlichen Wahrnehmung aus den Geistes- und Naturwissenschaften vertraut machen. So werden sowohl exemplarische philosophische Positionen, welche eine kritische Haltung gegenüber der sinnlichen Erfahrung vertreten oder sie sogar als Illusion werten, als auch die neuesten Ergebnissen aus Hirnforschung und Neurobiologie zu der Funktion unserer Sinnesorgane untersucht. Ein weiterer Interessenschwerpunkt liegt in der Rolle der sinnlichen Wahrnehmung, und insbesondere des Sehsinnes, für die Kunst: Zentralperspektive, Licht-und Farbenführung und Optik sollen einen Einblick in die Kunst und Wissenschaft der Renaissance ermöglichen. Darüber hinaus wird exemplarisch auf das Phänomen der optischen Täuschungen aus der Sicht der künstlerischen Praxis, der Kinematographie, der Wahrnehmungstheorien und der Neurobiologie fokussiert. Im Seminar soll so auch der Stellenwert von Wissen und Wahrheit in ihrem Verhältnis zur Wahrnehmung kritisch hinterfragt und die jeweilige Produktion von Wissen und Wissenschaft kontextualisiert werden, um das interdisziplinäre Forschen anzuregen. Museumsbesuche und die Sichtung von Videomaterial sowie empirische Experimente im Seminarraum runden dieses Forschen ab. Das Seminar richtet sich an Bachelor-Studierende der Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften, die Grundkenntnisse der methodischen Ansätze ihrer jeweiligen Disziplin haben und diese in das Seminar einbringen möchten.
Als Endprodukt des Seminars werden wir gemeinsam eine Webseite gestalten (keine Programmierkenntnisse nötig!), um die Ergebnisse der einzelnen Sitzungen zu präsentieren und zugleich die Zusammenhänge zwischen sinnlicher Wahrnehmung und der Präsentation im Internet zu erkunden.
Das Seminar ist Teil des interdisziplinären Studienprogramms »Vielfalt der Wissensformen«. Nähere Informationen dazu unter: https://u.hu-berlin.de/vdw