Kommentar |
Kants Unterscheidung zwischen einer Welt der sinnlich wahrnehmbaren Dinge und einer Welt, die nur dem Verstand zugänglich ist und nicht den Gesetzen von Raum und Zeit unterliegt, spielt in verschiedenen Phasen seines Denkens eine zentrale Rolle. In diesem Seminar werden wir uns hauptsächlich mit der elf Jahre vor der Kritik der reinen Vernunft erschienenen Schrift Über die Formen und Grundsätze der Sinnes- und der Verstandeswelt (‚De mundi sensibilis atque intelligibilis forma and principiis’) beschäftigen. Dieser Text ist gut geeignet dazu, in Kants theoretische Philosophie hineinzufinden. Einerseits hat Kant hier zum ersten Mal einige zentrale Entdeckungen seiner kritischen Philosophie vorgestellt, so zum Beispiel seine Lehre von Raum und Zeit als bloßen Anschauungsformen, andererseits waren ihm viele der philosophischen Konsequenzen, die diese Entdeckungen nach sich ziehen, noch nicht vollständig bewusst. Dieser Umstand macht das Werk nicht nur für denjenigen interessant, der sich für die Entstehung von Kants kritischer Philosophie interessiert, er hat auch zur Folge, dass die Lektüre um einiges weniger mühsam ist als die der Kritik der reinen Vernunft. Gegen Ende des Semesters werden wir dann einige Ausblicke darauf wagen, wie Kant die Unterscheidung zwischen Sinnes- und Verstandeswelt in seinen späteren Schriften aufgenommen und modifiziert hat.
Ich empfehle die Textfassung in Band 5 der Suhrkamp Werkausgabe („Schriften zur Metaphysik und Logik 1“, stw 188). |