Wenn Länder des so genannten „globalen Südens“, d.h. vornehmlich Regionen in Asien, Afrika und
Südamerika in öffentlichen, politischen und gesellschaftlichen, aber auch in zahlreichen wissenschaftlichen
Diskursen thematisiert werden, dann dominieren oftmals problematische "Labels" wie „Dritte
Welt“ oder „Entwicklungs- und Schwellenländer“. Diese stehen im direkten Kontext bedeutungsschwerer
und wirkmächtiger Begriffe wie „Modernisierung“, „Entwicklung“ und „Demokratisierung“.
Nach Ende des Kalten Krieges und dem immer deutlichere werdenden Aufstieg vieler Länder auf dem
südamerikanischen und asiatischen Kontinent versuchte man die zunehmend komplexere Welt mit
neuen Begriffen zu erfassen. Eine dieser neuen Kategorien, mit denen versucht wird Ordnung ins
Chaos des 21. Jahrhunderts zu bringen, ist der sogenannte „Globale Süden“ oder dessen englisches
Pendant „Global South“. Auch wenn angesichts des gewaltsamen Konflikts in der Ukraine zumindest
in den Teilen der Medien die Rhetorik des Kalten Krieges wieder en vogue zu sein scheint, so werden
die Diskurse zu „Globaler Süden“ und „Global South“ weltweit in Politik, Medien und Wissenschaft
immer häufiger aufgegriffen und die Begriffe verwendet.
Doch es scheint nicht wirklich klar zu sein, was damit eigentlich gemeint sein soll. Eröffnen diese
neuen globalen Ordnungskategorien einen weniger generalisierenden und wertenden Blickwinkel?
Helfen sie dominante Diskurse kritisch zu hinterfragen bzw. diese zu überwinden? Oder ist das
Konzept des „Globalen Südens“ selbst problematisch und reproduziert erneut die ideologischen
Paradigmen von "Modernisierung", "Entwicklung" und "Demokratisierung"? Schafft es gar
Machtasymmetrien auf neuen Ebenen? Vor dem Hintergrund der Kritik postkolonialer Theoretiker an
Eurozentrismus, Orientalismus und der implizierten Ideologie dieser „Labels“, Begriffe und Konzepte
wollen wir diese im Q-Tutorium kritisch reflektieren. Dazu möchten wir eine multidisziplinäre,
studentische Austauschplattform schaffen, die wir gemeinsam dazu nutzen, eigene kleine und kreative
Forschungsprojekte zum Thema umzusetzen.
Studierende aus Bachelor- und Masterstudiengängen jeglicher Fachbereiche sind gleichermaßen
willkommen. Eine Austauschplattform lebt von der Vielfalt! In den Forschungsprojekten können
verschiedenste Formen der „Wissensproduktion“ untersucht werden - beispielsweise die Art und Weise,
wie diverse Medien, einflussreiche „Think Tanks“, politische Stiftungen, bestimmte Aktivisten oder
auch Künstler die Begriffe “Globaler Süden” bzw. “Global South” verstehen und einsetzen, um die
damit gemeinten Regionen darzustellen und zu charakterisieren. Zum Abschluss des Q-Tutoriums
sollen die Ergebnisse öffentlich vorgestellt werden.
Studienpunkte können nach Absprache mit den zuständigen Fachbereichen zum Beispiel über den
freien Wahlbereich oder das Studium Generale erworben werden.
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