Kommentar |
Im antiklerikalen Furor der Französischen Revolution wurden religiöse Praktiken wie Prozessionen oder Heiligenverehrung karikiert. An ein Ende kamen sie damit nicht. Ganz im Gegenteil wurden als Reaktion auf die Herausforderung von Aufklärung und Französischer Revolution alte Frömmigkeitsformen reaktiviert oder neue inszeniert. Die These von der fortschreitenden Säkularisierung ist daher gerade für das 19. Jahrhundert widerlegt worden. So führten die Konflikte mit der Wissenschaft zum einen und dem Antiklerikalismus diverser Provenienz zum anderen zu neuen Verständigungsprozessen oder Zusammenschlüssen. Mit Wallfahrten, Wundern, Herz-Jesu-Verehrung und Marienerscheinungen reagierte insbesondere der europäische Katholizismus auf die Infragestellung durch Rationalismus, Naturwissenschaft, Protestantismus und Sozialismus. Welche Konflikte sich daraus ergaben und welche Folgen diese hatten, wird in diesem Masterseminar thematisiert werden. Dabei sollen die Zusammenhänge mit politischen und sozioökonomischen Prozessen sowie das Potential gender- und emotionsgeschichtlicher Zugänge aufgezeigt werden. Insgesamt gilt es einerseits die Andersartigkeit des 19. Jahrhunderts in seinen religiösen Manifestationen zu entdecken, aber andererseits auch die Kontinuitätslinien aufzuzeigen, die das 19. Jahrhundert mit der Gegenwart verbinden. |