Kommentar |
Innenstädte verkörpern für uns heute (wieder?) höchst attraktive Orte. Diese Wiederentdeckung ist einerseits neu und revolutionär, weil die urbanen Räume noch vor kaum 40 Jahren sozial öde und kulturell tot schienen. Andererseits ist genau diese Renaissance eben auch das Problem: wir drängeln in die Mitte, genießen dort Stadttheater und Strandcafe, Demo und Party, Bier und Coffee to go, Thai-Cooking und Tai Chi. Dies tun keineswegs nur die „kulturellen Mittelschichten“, sondern Angehörige fast aller urbaner Gruppen. Und wir wundern uns dann, dass das Resultat oft lautet: „Gentrifizierung“. Berlin ist ein Labor solcher Entwicklungen, weil es wie keine andere Stadt über entsprechende räumliche Ressourcen, soziale Akteure und kulturelle Szenen verfügt. Zugleich zeigt sich hier jedoch auch die Problematik bisheriger Gentrifizierungsbefunde. Denn offenbar sind an diesem komplizierten Prozess längst (fast) alle beteiligt, die sich in der Stadt engagieren: Nicht nur „kalte“ Investoren und „lästige“ Touristen, sondern auch Bürger- und Kunstinitiativen, Kiez-Kneipen und studentische WG’s, urban gardener und Stadtzeitungen. Denn sie/wir gestalten alle urbane Räume in ihrer sozialen und kulturellen Textur erlebnisreicher, spannungsvoller, kreativer – und damit eben „wert-haltiger“. So macht es Sinn, über Gentrifizierungstheorien und Gentrifizierungsbefunde einmal systematischer und kritischer nachzudenken – und Differenzierungen wie Reformulierungen der „G-Theorie“ zu überdenken. Dies wird anhand von ausgewählten Texten und (internationalen) Beispielstudien geschehen. |