Die Identifizierung von Strukturen und der Umgang mit ihnen gehört zu den grundlegenden Aufgaben der Wissenschaften. Strukturen sind zentrale Sachverhalte – dies gilt für kleinste biochemische Elemente ebenso wie für die Zusammensetzung von Materialien, es gilt für Oberflächen wie für Tiefenschichten, und es gilt von der Mathematik ausgehend für die Wissenschaften und die Künste bis hin zu den Wissens- und Kommunikationsstrukturen der uns umgebenden kulturellen und sozialen Welt. Das Strukturdenken ist an sehr verschiedenen Orten des Wissens anzutreffen und ist in seiner konkreten Bedeutung häufig durch diese disziplinären oder kreativen Kontexte geprägt. Der Strukturbegriff versteht sich daher nicht von selbst und ist im Panorama der Disziplinen je spezifisch zu erklären. Bei der Ausweisung, der Untersuchung, der Darstellung, der Erkenntnis und dem Aufbau von Strukturen spielen zahlreiche Aspekte und Verfahren eine Rolle, die den jeweiligen disziplinären Rahmen überschreiten. Bei physikalischen Untersuchungen besitzen z.B. bildgebende Verfahren eine große Bedeutung, wie im Falle des Elektronenmikroskops, dass vormals opake Materie in völlig neue Strukturwelten verwandelt und sich somit im interdisziplinären Bereich zwischen Kunstgeschichte und Mathematik bewegt. Verbindet man identifizierte Strukturen andererseits mit konkreten Formen oder bestimmten Funktionen, dann nähert man sich den Wissensfeldern der Evolutions- und Materialforschung, aber ebenso den Gestaltungsfächern. Gerade die Aspekte der Visualität sowie der Relation zwischen Formbildung und Funktionalität scheinen geeignet, das disziplinäre Verständnis von Strukturen interdisziplinär zu erweitern. Doch wie wäre heute – nach dem Strukturalismus des 20. Jahrhunderts – eine solche neue ›Strukturwissenschaft‹ zu begreifen und zu verorten? Welche gestalterischen Möglichkeiten eröffnen sich in einer solchen Perspektive? Führt die interdisziplinäre Erkenntnis zu neuen Anwendungsgebieten und verändert die disziplinären Forschungsinteressen? Die erste Ringvorlesung des Interdisziplinären Labors Bild Wissen Gestaltung soll diese disziplinären wie disziplinübergreifenden Fragen nach Struktur, Gewebe und Oberfläche thematisieren und diskutieren. Ablauf: 16.04.2014: Horst Bredekamp: »Der Faustkeil als Ursprung des Bildakts. Zum Prinzip von Differenz und Störung« 30.04.2014: Peter Fratzl: »Biologische Materialwissenschaft – die Wissenschaft von Strukturen und Eigenschaften« 14.05.2014: Carola Zwick: »A Case Study on Haptic, Texture and the Power of Geometry« 28.05.2014: Oliver Hahn: »Materialwissenschaften in der Kunst: Ein multidisziplinärer Ansatz« 11.06.2014: Susanne Muth: »Blicke zum Boden – Eine ungewöhnliche Geschichte strukturgebender Gestaltung in der Antike« 25.06.2014: Gerhard Scholtz: »Die Besonderheit biologischer Strukturen« 02.07.2014: Arbeitsgespräch für Studierende mit Wolfgang Schäffner zu einer transversalen Perspektive der Ringvorlesung 09.07.2014: Wolfgang Coy: »Behind the Scene – Struktur und Oberfläche des Internets der Dinge« 16.07.2014: Wolfgang Schäffner: »Neuer Strukturalismus: Eine Geistes- und Materialwissenschaft« |