Kommentar |
Im Seminar soll der Frage nachgegangen werden, wie sich die Volkskunde im Nationalsozialismus „nützlich“ machte und wie umgekehrt der Nationalsozialismus der Volkskunde genutzt hat. Denn für die akademische Etablierung der Volkskunde war die Zeit des Nationalsozialismus eine wichtige Phase: Erste selbständige Lehrstühle – wie in Berlin 1936 – wurden gegründet, volkskundliche Großprojekte intensiv verfolgt und neue Institutionen gegründet. Aber auch im Kontext staatlich organisierter Brauchtumspflege, in Schulen, Museen und Vereinen fand volkskundliches Wissen über traditionelle Feste, bäuerliche Bauweisen, Maibaum und Sonnenwendfeiern enorme Verbreitung. Auch wenn die Volkskunde im Wissenschaftssystem letztlich marginal blieb – ihre Akteure lieferten nicht nur Bilder bäuerlichen Lebens und „germanischen Volkstums“, sondern auch ideologische und ästhetische Versatzstücke für die Konstruktion einer „deutschen Volksgemeinschaft“ und wurden damit häufig zu „Dekorateuren nazistischer Schaufenster“ (Kaschuba). Im Seminar werden wir uns mit verschiedenen Institutionen beschäftigen, mit Biografien und Haltungen einzelner Akteure sowie mit ausgewählten Themen volkskundlicher Arbeit. Der Standtort Berlin wird dabei im Mittelpunkt stehen, geplant sind zudem vergleichende Einblicke in Entwicklungen von Nachbardisziplinen. Als Materialgrundlage dienen vor allem – in Teilen auch in eigener Recherche – historische Text- und Bildquellen. |
Literatur |
Gerndt, Helge (Hg.): Volkskunde und Nationalsozialismus. Referate und Diskussionen einer Tagung der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde 1986. München 1987. Haar, Ingo/Fahlbusch, Michael (Hg.): Handbuch der völkischen Wissenschaften. Personen - Institutionen - Forschungsprogramme - Stiftungen. München 2008. Jacobeit, Wolfgang/Lixfeld, Hanjost/Bockhorn, Olaf: Völkische Wissenschaft. Gestalten und Tendenzen der deutschen und österreichischen Volkskunde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Wien 1994. |