Kommentar |
Wie hängen Wissen und Fiktion zusammen? Was verbindet akademisches Wissen über atomare Nuklearforschung, Bio- und Reproduktionstechnologien, Genetik und Vererbungstheorien mit medizinischen Visualisierungstechnologien und Spielfilmkultur? Wie wandert Wissen zwischen wissenschaftlichem Diskurs, visueller Kultur und sozialem Körper? Anhand folgender Filmbeispiele fokussiert das Seminar auf Transfers zwischen physikalischem, technologischem, medizinischem Wissen und Filmkultur: 1957: Durch die Disneysierung von Atomenergieforschung in Heinz Habers Wissenschaftsfilm Our Friend the Atom, der mit Modellen, Comicfigur-Einlagen und Märchenelementen arbeitet, wurde nicht nur der Kalte Krieg imaginär befeuert, sondern auch vielfältiges Wissen über Bomben, Geister und Atome kommuniziert. 1978: Die Verfilmung des Nachkriegswirkens Josef Mengeles im Spielfilm The Boys from Brazil katalysierte nicht nur Nachforschungen zum Verbleib des NS-Massenmörders, sondern protegierte Genmanipulation und die Milieuthese. Eingefügte Ausschnitte aus Medizinfilmen des wissenschaftlichen Beraters des Films, Derek Bromhall, verbreiteten dessen neueste Forschungsergebnisse zur Klonierung von Säugetieren. 1984: Die Visualisierungstechnologien Röntgen und Ultraschall revolutionierten die Auffassung des Ungeborenen. Zwei Beispiele: Erst durch die Sichtbarmachung des pränatalen Embryos per Ultraschall in Lennard Nilssons Photographien der 1960er Jahre sowie die Video-Dokumentation eines Live-Schwangerschaftsabbruchs, The Silent Scream, bekam der Embryo eine symbolische Präsenz, die ihn als vollwertiges Subjekt mit Rechtsansprüchen erscheinen ließ und Gegnern des Schwangerschaftsabbruchs wesentliche Argumente in die Hände spielte. |