Kommentar |
Der Untergang des sogenannten ersten Arbeiter- und Bauernstaates Deutsche Demokratische Republik (DDR) 1989 und die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten am 3. Oktober 1990 liegen gerade 23 Jahre zurück. Eine neue Generation ist geboren und herangewachsen, die mit der DDR nur noch Erinnertes und Erzähltes verbindet. Die DDR ist als ostdeutscher Staat auf dem Territorium der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) entstanden. Zusammen mit der Amerikanischen, Britischen und Französischen Besatzungszone war die SBZ eine Folge der Befreiung von der NS-Diktatur durch die Alliierten. Die Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 kam einem Aufbruch gleich, denn dieser ostdeutsche Staat war als Diktatur des Proletariats angetreten, nach dem Vorbild der großen Sowjetunion den Sozialismus aufzubauen. Verantwortlich hierfür war die jeweils zu beinahe 99 Prozent gewählte Regierung der DDR. Dies blieb so bis zur „Wende“ 1989 mit schwerwiegenden Konsequenzen. Der Alltag der Bevölkerung war auf allen Ebenen von Mangelwirtschaft und mangelnder Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt betroffen. Nur auf dem Gebiet des Sports konnten Leistungen auf Weltniveau erzielt werden. Im Vergleich zum Alltag in der BRD wuchsen die Zweifel am Gesellschaftssystem der DDR und dessen Regierung. Die Bevölkerung praktizierte eine solidarische Kultur nach dem Sprichwort „eine Hand wäscht die andere“. Sie übte sich in Provisorien und informierte sich mehrheitlich über das „West-Fernsehen“. Der Westen, der andere deutsche Staat, wurde mit seinem überfließenden Angebot auf allen Gebieten immer attraktiver. Ausreisen und Fluchten waren die Folge, aber auch Ausweisungen für jene, die das Regime und deren staatstragende Partei SED kritisierten. Die Ablehnung des todkranken Regimes kulminierte im Herbst 1989 in Demonstrationen, die in Leipzig begannen und mit dem Fall der Mauer am 9. November 1989 endeten. Auf diesem Hintergrund wird das Seminar die DDR-Alltagskultur präsentieren und analysieren. Hierfür stehen Quellen aller Genres zur Verfügung wie zudem eine Vielzahl von Publikationen. Zudem hat die DDR-Alltagsgeschichte zur Entstehung sogenannter DDR-Museen geführt. Das Seminar schließt eine Exkursion zum “Haus der Geschichte“ in der Lutherstadt Wittenberg ein, das sich als eingetragener Verein um Sammlung, Forschung und Musealisierung des DDR-Alltags seit Jahren bemüht. |
Literatur |
Literatur zur Einführung: Jürgen Kuczynski, Dialog mit meinem Urenkel, Neunzehn Briefe und ein Tagebuch, Berlin und Weimar 1983; ders. Fortgesetzter Dialog mit meinem Urenkel. Fünfzig Fragen an einen unverbesserlichen Großvater, Berlin 1996; Lutz Niethammer/Alexander von Plato/Dorothee Wierling, Die volkseigene Erfahrung. Eine Archäologie des Lebens in der Industrieprovinz der DDR. 30 biographische Eröffnungen, Berlin 1991; Ina Merkel, Utopie und Bedürfnis. Die Geschichte der Konsumkultur in der DDR, Wien/Weimar/Köln 1999; dies. Das Kollektiv bin ich. Utopie und Alltag in der DDR, Wien/Weimar/Köln 2000; Barbara Schier, Alltagsleben im „Sozialistischen Dorf“. Merxleben und seine LPG im Spannungsfeld der SED-Agrarpolitik 1945 – 1990 (= Münchner Beiträge zur Volkskunde, Bd. 30), Münster/New York/München/Berlin 2001; Anne Kaminsky (Hrsg.), Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, Berlin 2007; Ilko-Sascha Kowalczuk, Endspiel. Die Revolution von 1989 in der DDR, München 2009; Martin Sabrow (Hrsg.), Erinnerungsorte der DDR, München 2009; Katrin Hammerstein/Jan Scheunemann, Die Musealisierung der DDR, Berlin 2012; Kai Diekmann (Hrsg.), Die Mauer. Fakten, Bilder, Schicksale, München 2011; Marcus Bölck u. a. (Hrsg.), Aus einem Land vor unserer Zeit. Eine Lesereise durch die DDR-Geschichte, Berlin 2012 |