Kommentar |
Noch immer lebt ein großer Teil der Bevölkerung in den Ländern Ostmitteleuropas in Plattenbauten. Diese Siedlungen wurden in den Anfangsjahren des sozialistischen Experiments mit großem Enthusiasmus errichtet. Den Bewohnern versprachen sie bis dahin ungekannten Wohnkomfort und zumeist eine vorbildhafte Infrastruktur. Hier wohnte mitunter der Fabrikleiter bei geringen Einkommensunterschieden Tür an Tür mit dem einfachen Arbeiter. Nach dem Fall des eisernen Vorhangs setzte ein massiver Wegzug der neu entstandenen Oberschicht ein: diese erschloss neue Wohngegenden westlicher Bauart am Stadtrand und kann Forderungen nach Infrastrukturmaßnahmen gut artikulieren. Für die alten Siedlungen bleiben jedoch dringend notwendige Investitionen auf das Notwendigste beschränkt oder fallen ganz weg. Die Durchmischung, die zum Wesen des Urbanen gehört, befindet sich im Wandel. So findet eine Entwertung der einstigen Modellsiedlungen statt, die nicht zuletzt mit einem „stehenden“ sozialen Abstieg und der Stigmatisierung der dort gebliebenen Menschen verbunden ist oder von etablierten Mittelschichten einen erhöhten Aufwand zur Aufrechterhaltung ihres Status verlangt. Mit dem Ziel, die dort entstandenen Lebensformen zu identifizieren und zu verstehen, sollen anhand vielseitiger Quellen der Entwicklung sowohl der Plattenbausiedlungen in großen und kleinen Städten als auch der neuen Refugien der Wohlhabenden in den Ländern Ostmitteleuropas nachgegangen werden. Eine Exkursion ist vorgesehen. |
Literatur |
Gregory Andrusz, Michael Harloe, Ivan Szelenyi (ed): Cities After Socialism. Urban and Regional Change and Conflict in Post-Socialist Societies. Cambridge, Massachusetts. 1996 Arnold Bartetzky, Alfrun Kliems und Marina Dmitrieva (hg): Imaginationen des Urbanen. Konzeption, Reflexion und Fiktion von Stadt in Mittel- und Osteuropa. Berlin 2009 Kiril Stanilov (ed.): The Post-Socialist City. Urban Form and Space Transformations in Central and Eastern Europe after Socialism. Dordrecht. 2007 |