Kommentar |
Alle Gesellschaften haben Formen und Praktiken entwickelt, in denen sie sich selbst darstellen. Dies geschieht zumeist in sogenannten kulturellen Aufführungen, in denen Gesellschaften auf sich selbst reflektieren, bestehende Ordnungen stabilisiert oder aber auch subversiv unterlaufen und damit transformiert werden können. Die gegenwärtig breite Verwendung von Begriffen aus dem Bereich der theatralen Künste wie z.B. Aufführung, Darstellung, Rolle, Rahmung, Spiel, Inszenierung oder Performativität in den Kultur- und Sozialwissenschaften geht auf den sogenannten performative turn zurück, welcher sowohl den Aufführungscharakter von Kultur wie auch deren genuine Prozesshaftigkeit hervorhebt. Bereits in den 1960er Jahren griffen Ethnologen und Anthropologen wie Milton Singer, Victor Turner, Richard Schechner oder Soziologen wie Erving Goffman auf das Modell „Theater“ zurück, um Kommunikationsformen, Wandlungsprozesse und Aufführungen wie Rituale, Karneval und Feste adäquat beschreiben zu können. Die Teilnehmer/-innen des Seminars sollen über die Textarbeit ein Verständnis für diese Konzepte entwickeln und sie anhand von Analysebeispielen aus dem populärkulturellen Bereich selbstständig anwenden. Es soll diskutiert werden, welchen Erklärungswert solche theatralen Begrifflichkeiten und Modelle vor dem Hintergrund eines weiten Kulturbegriffs haben, an welche Grenzen sie stoßen und inwieweit sie im Zusammenhang mit einer immer komplexer werdenden medial vermittelten Kommunikation eventuell modifiziert werden müssen. Das Seminar richtet sich durchaus an Studienanfänger und hat einführenden Charakter. |
Literatur |
Literatur zur Einführung: Bachmann-Medick, Doris: Cultural Turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften, Reinbek bei Hamburg 2006; Carlson, Marvin: Performance: a critical introduction, New York 2004; Fischer-Lichte, Erika: „Theatralität: Theater als kulturelles Modell“, in: dies.: Ästhetische Erfahrung. Das Semiotische und das Performative, Tübingen u.a. 2001, S. 269-343. |