Kommentar |
Was wird im Mittelalter als wissenswert angesehen, und was kann im Mittelalter überhaupt und wie gewusst werden? Zur Beantwortung dieser Fragen wird sich das Seminar dem Elucidarium des Honorius Augustodunensis sowie dessen mittelhochdeutscher Bearbeitung, dem sogenannten Deutschen Lucidarius, widmen. Der Gelehrte Honorius kompilierte um 1100 in drei Büchern die zentralen zeitgenössischen Wissensbestände von Weltentstehung und -beschreibung, Heilslehre und Eschatologie. Vermittelt wird dies über den Dialog eines „meisters“ (magister) mit seinem Schüler (discipulus), wobei enzyklopädisches Wissen mit einem dialogischen Vermittlungsprinzip verbunden wird. In allen Volkssprachen rezipiert, stellt das Werk eine wichtige Quelle mittelalterlichen Wissens dar. Ende des 12. Jahrhunderts entstand eine deutsche Bearbeitung, die zum Teil der lateinischen Vorlage genau folgt, diese aber auch umstrukturiert und dabei andere Quellen miteinbezieht. Im Seminar sollen die unterschiedlichen Wissensbestände im Elucidarium und ihre Bedeutung für die Kultur des Mittelalters behandelt werden. Dabei soll nach den unterschiedlichen Darstellungsformen von Wissen gefragt werden. Zu berücksichtigen ist hier neben dem enzyklopädischen Universalanspruch im Kontext christlicher Heilsgeschichte auch die Rolle antiker Wissensliteratur. Die Veranstaltung ist interdisziplinär ausgerichtet und wird in Kooperation mit dem Institut für Klassische Philologie angeboten. Geplant ist die intensive Lektüre ausgewählter Passagen sowohl des lateinischen wie des mittelhochdeutschen Textes. Teilnahmevoraussetzung sind Kenntnisse in Mittelhochdeutsch und/oder Latein, Bedingung für den Erwerb eines Übungsscheins oder von Studienpunkten ist die aktive Teilnahme sowie ein Referat. |