Kommentar |
Das diamantene Thronjubiläum Elizabeths II. hat einmal mehr deutlich gemacht, wie stark Vorstellungen vom Königtum nach wie vor im kulturellen Bewußtsein Europas verankert sind. In Renaissance und Früher Neuzeit ist die Monarchie die dominante Regierungsform, aber sie ist auch Gegenstand einer literarischen Imagination, die ihre Protagonisten dramatisiert und das Königtum dabei zugleich feiert und problematisiert. Das Seminar stellt in seiner Erkundung solcher Königsdramen zwei der Shakespeareschen Historien in den Mittelpunkt – Richard III. und Richard II. – und setzt sie in Beziehung zu Andreas Gryphius’ Trauerspiel Ermordete Majestaet. Oder Carolus Stuardus / Koenig von Gros Britanien (1657/1663). Zum Vergleich eignen sich hier nicht nur die jeweiligen Theatertraditionen und die politischen Asynchronien zwischen England und Deutschland; auch die Ästhetik und das Gattungsprofil der Stücke sollen komparatistisch erörtert werden. Anhand der Historien und Königsdramen läßt sich einiges lernen über Macht und Gewalt (auch sprachliche), über Ideologien, Mythen, Formen und Stile der Herrschaft wie Weisen ihrer Legitimation, über die allen drei Dramen zugrundeliegende ‘Königstheologie’, über die Tragödie, über Geschichte als Fiktion und Literatur als Artikulation historischer Wahrheit. Alle drei Stücke müssen angeschafft werden: Gryphius ist verfügbar als Reclam-Ausgabe (RUB 9366); für Richard II. und III. werden die Einzelausgaben des Arden Shakespeare oder des Oxford Shakespeare empfohlen (alternativ: die Gesamtausgabe des Norton Shakespeare). |