Kommentar |
Wechselnde Vorstellungen einer vermeintlich notwendigen „Entwicklung“ Afrikas begleiteten die europäische Expansion von Anfang an. Zunächst im Rahmen eines Christianisierungsdiskurs ausgedrückt, brachen sich besonders seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts säkularere Gesichtspunkte Bahn. Im Gefolge der Neubelebung des Missionsgedankens und der einsetzenden Missionspraxis einerseits, und des sich organisierenden philanthropischen Kampfes gegen Sklavenhandel und Sklaverei andererseits, prägte sich eine erkennbar neuartige Form der Zivilisierungsmission aus, die spirituelle und materielle Führung als unabdingbare Voraussetzung für die „Entwicklung“ Afrikas definierte. Parallel dazu erstarkte ein rassifizierter und rassifizierender Diskurs, in dem Afrika nur mehr als Problem wahrgenommen wurde und die Menschen Afrikas zunehmend zu dessen Ursache erklärt wurden. Die zunächst informelle Verschiebung imperialer Grenzen im 19. Jahrhundert und die koloniale Landnahme und Okkupation seit Jahrhundertende, wurden durch den derart formulierten Sendungsauftrag maßgeblich gerechtfertigt. Doch erst seit Mitte der 1930er Jahre begannen koloniale Stellen langsam – und mit überaus zweifelhaftem Erfolg – damit, entsprechend ernsthaft finanzierte wirtschaftliche, soziale und politische Entwicklungsmaßnahmen zu setzen. Dieser sogenannte Entwicklungskolonialismus setzte sich im postkolonialen Verständnis vom „Entwicklungsstaat“ fort, ebenso wie das prekäre Erbe der überkommenen Vorstellungen von globaler Entwicklung und universellen Entwicklungsplänen in die Gegenwart weiterwirkt. Der Kurs konzentriert sich auf Diskurse, die im 19. und 20. Jahrhundert zur globalen Entwicklung Afrikas geführt wurden. Dabei erfahren Beiträge afrikanischer (und afro-diasporischer) Autoren besondere Aufmerksamkeit (etwa E.W. Blyden, Africanus Horton, J.E. Casely Hayford, G. Padmore, K. Nkrumah, W. Rodney). Einen durchgängigen Faden bildet einerseits die Frage danach, was für verschiedene Autoren „Entwicklung“ bedeutet. Dabei gilt es materielle wie spirituelle Aspekte zu berücksichtigen, außerdem die Frage nach den Entfaltungsmöglichkeiten und die nach Selbstbestimmung. Andererseits ist es zentral, herauszuarbeiten, welche Position und welche Rolle in diesen durchaus wechselhaften Diskursen Afrika im globalen Verhältnis zugebilligt wird bzw. welche Position Afrika faktisch bekleidet. In diesem Zusammenhang werden dann auch dominante westliche Entwicklungskonzeptionen in die Diskussion eingebracht. |
Literatur |
Sekundärliteratur: Braudel, Fernand (1995 [1987]): A History of Civilizations. London u.a.: Penguin. [Kapitel II/Teil II: Africa] Braudel, Fernand (1997 [1985]): Die Dynamik des Kapitalismus. Stuttgart: Klett-Cotta. Burbank, Jane/ Cooper, Frederick (2010): Empires in World History. Power and the Politics of Difference. Princeton, Oxford: Princeton University Press. Cooper, Frederick (2005 [2002]): Globalization. In: ders.: Colonialism in Question. Theory, Knowledge, History. Berkeley: University of California Press, 91-112. Cooper, Frederick/ Packard, Randall (1997). Introduction. In: dies. (Hg.): International Development and the Social Sciences. Essays on the History and Politics of Knowledge. Berkeley, Los Angeles, London: University of California Press, 1-41. Rodney, Walter (2009 [1973]): How Europe Underdeveloped Africa. Abuja, Lagos, Pretoria: Panaf. Sonderegger, Arno (2008): Vom Guten, Wahren und Schönen am Ende des 19. Jahrhunderts: Edward Wilmot Blyden, Africanus Horton, Joseph Renner Maxwell. In: Gomes, Bea/ Schicho, Walter/ Sonderegger, Arno (Hg.): Rassismus. Beiträge zu einem vielgesichtigen Phänomen. Wien: Mandelbaum, 150-175. Wallerstein, Immanuel (1984): Der historische Kapitalismus. Berlin: Argument. Wallerstein, Immanuel (2007): European Universalism. The Rhetoric of Power. New York, London: The New Press. |