Kommentar |
„Das ist vielleicht für Dich wahr, aber nicht für mich.“ – Lange Zeit bekam jemand, der so etwas in Anwesenheit eines analytischen Philosophen zu sagen wagte, die tadelnde Antwort, dass zwar verschiedene Menschen unterschiedliche Dinge für wahr halten können, und dass natürlich Sätze in verschiedenen Kontexten unterschiedliche Wahrheitswerte haben können, dass aber das mit Sätzen Gesagte wenn überhaupt dann absolut wahr ist, d.h. nicht relativ zu etwas oder jemand anderem. Die Selbstverständlichkeit dieser Annahme ist in den letzten Jahren verloren gegangen, seit einige Philosophen sehr starke Argumente für die These vorgebracht haben, dass bestimmte unserer Aussagen – z.B. Geschmacksurteile, Aussagen über epistemische Modalitäten oder unsere Rede über die Zukunft – keine absoluten, sondern nur relative Wahrheitswerte haben, und zudem gezeigt haben, wie man dieser Tatsache im Rahmen einer formalen Semantik gerecht werden kann. Im Seminar sollen die wichtigsten Texte zur Konzeption relativer Wahrheit und Einwände gegen sie diskutiert werden. Das Seminar richtet sich eher an fortgeschrittene Studierende. Allerdings wird in den ersten Sitzungen ein Crash-Kurs in die sprachphilosophischen Voraussetzungen gegeben werden, die man braucht, um die Theorie relativer Wahrheit zu verstehen. Wer viel Zeit und Energie mitbringt, kann den Kurs also auch als Einstieg in die gegenwärtige Sprachphilosophie und ihre Implikationen für die Meta-Ethik, die Erkenntnistheorie und die Metaphysik nutzen. |