Kommentar |
Kurz vor Wende zum 20. Jahrhundert war das Spektrum der Institutionen, die sich im deutschen Kaiserreich mit der Vermittlung von Arbeit befassten, in hohem Masse heterogen: Privatleute, Handwerksorganisationen und Berufskorporationen, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände sowie konfessionelle oder gemeinnützige Vereine kümmerten sich aus unterschiedlichen Motiven um Arbeitslose und konkurrierten auch miteinander. Aus dem Bestreben, die unterschiedlichen Vermittlungsinstanzen zu vereinheitlichen, entstand die öffentliche Arbeitsvermittlung. Im Zuge der Mobilmachung vor dem Ersten Weltkrieg wurde die Arbeitsvermittlung bereits zunehmend staatlich reguliert und normiert. Der Wunsch nach Vereinheitlichung, der auch von gewerkschaftlicher Seite unterstützt wurde, führte 1920 zur Gründung des „Reichsamts für Arbeitsvermittlung“ und 1927 zur gesetzlichen Verschränkung der Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung. Für die Zeit des Dritten Reiches kann eine grundsätzliche Veränderung im Umgang mit Arbeitslosigkeit festgestellt werden, die sich nicht nur in der Rhetorik in Bezug auf Arbeit, sondern auch in der Neuorganisation der Arbeitsämter manifestierte. Nach der Gründung der Bundesrepublik wurde an die institutionellen Vorläufer in der Weimarer Republik angeknüpft. Anhand unterschiedlicher Quellen zur Geschichte des Arbeitsamtes soll im Proseminar untersucht werden, wie sich unter verschiedenen Organisationsformen von Arbeitsvermittlung die Auseinandersetzung zwischen Arbeitssuchenden und staatlichen Institutionen vom Kaiserreich bis in die frühe Bundesrepublik hinein wandelte und wie Regulierung und Strukturierung der Arbeitsvermittlung den Arbeitsmarkt als staatlichen Handlungsraum etablierten und prägten. |