Kommentar |
„Die Uhr, nicht die Dampfmaschine, ist die wichtigste Maschine des Industriezeitalters,“ konstatiert der Technikhistoriker Lewis Mumford. Er betont damit die Bedeutung fester zeitlicher Abläufe für das Funktionieren industrieller Betriebe, aber auch moderner Gesellschaften. In Fabriken, Schulen und Bahnhöfen wurden Uhren im 19. Jahrhundert allgegenwärtige Steuerungs- und Koordinierungsinstrumente, die für einen großen Teil der Bevölkerung die Strukturen des Alltags vorgaben. Gleichzeitig kam es zu einer zunehmenden globalen Vereinheitlichung von Zeitstandards. Diese Normierungsprozesse eignen sich besonders, um im Rahmen einer Einführung in die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte die historische Wandelbarkeit von Zeitvorstellungen in den Blick zu nehmen. Im Seminar soll dazu die Durchsetzung der Uhrengesellschaft in Europa, Nordamerika und darüber hinaus mit ihren Konflikten und Widerständen nachgezeichnet und Akteure, Voraussetzungen und Triebkräfte der „Chronometrisierung“ herausgearbeitet werden. Im Mittelpunkt steht die Frage, inwiefern eine veränderte Zeitwahrnehmung und die Beschleunigung des Zeiterlebens als charakteristisches Moment der Moderne gesehen werden kann. |
Literatur |
Thompson, Edward P., Zeit, Arbeitsdisziplin und Industriekapitalismus, in: Braun, Rudolf u.a. (Hg.): Gesellschaft in der industriellen Revolution, Köln 1973, S. 81-112. Rosa, Hartmut, Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne, Frankfurt/Main 2005. |