Das wechselseitige Abhängigkeitsverhältnis von Wissenschaft und demokratischer Öffentlichkeit unterliegt gewissen Konjunkturen und äußert sich sowohl in Wissenschaftsaffirmation (allem voran im Streben nach politberatender Expertise) als auch in Wissenschaftsskepsis (gerade die aktuell angeregt geführte Post-Truth Debatte zeugt erneut davon). Als eine von verschiedensten gesellschaftlichen Akteur*innen stellt die Politik vielschichtige Erwartungen und Forderungen an die Wissenschaft. Die Wissenschaft muss als genuin politisch sowie gesellschaftlich umkämpft begriffen werden und artikuliert von einem Punkt der diskursiven Deutungshoheit aus wiederum eigens Forderungen an die Politik. Die gesellschaftliche Stellung der Wissenschaft ist dabei auch in demokratischen Regierungssystemen nie stabil (gewesen), sondern in stetiger Bewegung. In akut wahrgenommenen politischen Spannungsverhältnissen, bspw. bedingt durch ideelle und ideologische Frontstellungen (Kalter-Krieg; Konflikte über Herrschafts-, Regierungsformen oder, besonders aktuell, radikale Verschwörungstheorien und Populismus) oder durch nationale und globale Krisen (Klimakrise, Pandemien, Finanzkrise, geo- und sicherheitspolitische Krisen, imperialistische Konflikte etc.) wird der stetige Wandel im Verhältnis von Wissenschaft und Politik beobachtbar und somit analysierbar. Das Seminar fokussiert die Frage, welchen Zusammenhang Wissenschaft, Gesellschaft und Demokratie bilden, wie Wissenschaft sich zum Raum des Politischen verhalten kann (und muss) und wie die Wissenschaft mit Erwartungen, die einerseits in demokratischen Gesellschaften grundsätzlich sowie andererseits aktuell in Zeiten soziopolitischer Krisen an sie herangetragen werden, umgehen kann.
Dazu wird im ersten Teil die spannungsreiche Beziehung von Wissenschaft und Demokratie erarbeitet. Hier stehen u.a. die Fragen im Fokus, welchen Zusammenhang Wissenschaft und (demokratische) Sozialstruktur bilden können und müssen, wie sich Wissenschaft und (demokratische) Öffentlichkeit zueinander verhalten und mit welchen Aufgaben, Problemen, Chancen und Grenzen wissenschaftliche Expertise in der (Selbst)Regierung demokratischer Gesellschaften behaftet ist. Im zweiten Teil des Seminars wird vor diesem Hintergrund die für das aktuelle Verhältnis von Wissenschaft, Gesellschaft und Demokratie elementare Problem-Trias aus Postfaktizitäts-, Klimawandel- und Pandemie-Debatte diskutiert. Die in diesem Spektrum erarbeiteten Herausforderungen, die sich der Wissenschaft aktuell in demokratischen Gesellschaften stellen, werden in einem letzten Teil schließlich noch einmal vertiefend betrachtet, indem einerseits die Fragen nach den Möglichkeitsbedingungen einer reflexiven, objektiven Wissenschaft aus macht- und standpunkttheoretischer Perspektive gestellt sowie andererseits ihre strukturalen Begrenzungen qua der sich ausweitenden Ökonomisierung des akademischen Feldes in den Blick genommen werden.
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