Christentum und Islam sind in ihrer geschichtlichen Entwicklung jeweils durch eine vielschichtige Spannung zwischen Ambiguität und Normativität gekennzeichnet. In beiden Kontexten konnte sich eine Vielfalt an Lehrtraditionen oder Interpretationen der jeweiligen heiligen Texte entfalten, die jeweils durch unterschiedliche historische, kulturelle und gesellschaftliche Referenzrahmen geprägt waren. Gleichzeitig lassen sich Anstrengungen zur Normierung, Kanonisierung und teilweise auch Vereinheitlichung beobachten, sei es in theologischen Diskursen, rechtlichen Traditionen oder der gelebten Praxis, die unter Umständen auch mit einem Anspruch auf universelle Gültigkeit verbunden werden konnten. Die daraus normierten Traditionsbestände wiederum konnten selbst Gegenstand unterschiedlicher Deutungen und Transformationen werden. Daraus ergab sich eine fruchtbare Dialektik zwischen Offenheit gegenüber Pluralität und dem Streben nach Normativität und Sicherung gegenüber Devianz. Anhand ausgewählter Texte möchte das Seminar dieses Phänomen im Christentum und im Islam vergleichen und methodisch reflektieren, etwa in Bezug auf die Frage nach der Durchlässigkeit diskursiver und begrifflicher Grenzziehungen.
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