Die „French Theory“ ist aus dem Methoden- und Theorienapparat der Geisteswissenschaften der letzten Jahrzehnte nicht mehr wegzudenken, fasst man doch unter dem Begriff diejenigen Denker*innen zusammen, die gleichzeitig auch als Vertreter*innen des Poststrukturalismus und das Wegbegleiter*innen des linguistic turn: Roland Barthes, Julia Kristeva, Michel Foucault, Jacques Derrida, Gilles Deleuze, Felix Guattari und andere mehr. Die „Italian Theory“ ist dagegen nicht nur historisch ‚jünger‘, sondern auch ungleich weniger bekannt: Unter diesem Lemma werden gerade in den letzten Jahren zunehmend die Publikationen von italienischsprachigen Philosoph*innen zusammengefasst, die sich (wie etwa Roberto Esposito, Giorgio Agamben, Dario Gentili, Enrica Lisciani-Petrini, u.a.) auf Probleme der politischen Philosophie konzentrieren.
In beiden Fällen handelt es sich bei den Begriffen keineswegs um selbstgewählte Bezeichnungen von ‚Gruppen‘ von Intellektuellen, die gemeinsam an einem theoretischen oder philosophischen Problem arbeiten, sondern um Zuschreibungen ‚von außen‘, d.h. um Labels, die sich aus der Rezeption dieser theoretisch-philosophischen Strömungen ergeben haben - und die schon durch ihre nationalstaatliche Vereinnahmung der beteiligten Intellektuellen als problematisch anzusehen sind.
Im Seminar werden wir diese Bezeichnungen als Fragestellungen begreifen: Es will fragen, was die unter ihnen zusammengefassten Denker*innen verbindet – und was sie trennt. Es fragt nach ihren Referenzpunkten, nach ihren Interessen, ihrer gegenseitig Abgrenzung, und danach, wie sie sich aufeinander beziehen. Wir werden damit den theoretischen Hintergründen von einer ganzen Reihe der aktuell verfolgten Forschungsansätze in den Kulturwissenschaften nachgehen.
Vor allem aber fragt es danach, was diese beiden theoretischen Strömungen für Literatur- und Kulturwissenschaftler*innen heute zu bieten haben, wie sie weiterhin produktiv zu machen sind.
Lernziele:
Die Studierenden lernen zwei der wichtigsten philosophiegeschichtlichen Strömungen des 20. und 21. Jahrhunderts kennen.
Sie lesen philosophisch-theoretische Texte und analysieren sie im Hinblick auf die dort adressierten Fragen und Zusammenhänge. Sie setzen theoretische Begriffe miteinander in Beziehung und hinterfragen Sie, sie reflektieren ihre methodischen Implikationen. Nicht zuletzt erhalten sie Einblick in aktuelle, kulturwissenschaftliche wie politische Debatten.
Das Lektürematerial wird vor Beginn des Wintersemesters auf Moodle zur Verfügung gestellt.
Als Studienleistung wird ein Referat zu einem der ausgewählten Texte angesetzt. |