Kommentar |
Giorgio Agambens Modell vom „Autor als Geste“, das unter anderem den theatralen und inszenatorischen Aspekt von Autorschaft unterstreicht, liefert die theoretische Grundlage für eine Auffassung von Autorschaft als sowohl textinternes als auch textexternes Produkt. Neben einschlägigen Theorien der Autorschaft werden im Seminars unterschiedliche Spielarten untersucht, mit denen Autor:innenimages innerhalb literarischer Texte und in der medialen Öffentlichkeit erzeugt werden. Schriftsteller:innen können hauptsächlich über die Selbsteinschreibung in den eigenen Text, indem sie sich z.B. selbst als Romanfigur modellieren, oder auch über die eigene Internetpräsenz auf die diskursive und mediale Ausgestaltung ihrer Autorschaft Einfluss nehmen und sich im literarischen Feld positionieren. Gleichzeitig ist ihr öffentliches Bild maßgeblich von unterschiedlichen Instanzen des Literatur- und Kulturbetriebs abhängig (Verlagswerbung, Rezensionen, Kommentare, social media etc.). Die Inszenierung von Autorschaft reicht von extremer Zurückhaltung (anonyme Autorschaft oder unaufgelöste Pseudonyme wie etwa im Fall von Elena Ferrante) bis hin zu Starkult und Skandal.
Das Seminar ist komparatistisch angelegt; die behandelten Texte sind alle übersetzt, daher sind besondere Sprachkenntnisse nicht zwingend notwendig, Kenntnisse des Spanischen, Französischen und/oder Englischen sind von Vorteil. Neben zeitgenössischen Autor:innen und Texten – z.B. Philipp Roth: Operation Shylock (1993), Michel Houellebecq: La carte et le territoire (2010, dt. Karte und Gebiet), Nina Hagen: Bekenntnisse (2010), Clemens J. Setz: Indigo (2012), Fatima Daas: La petite dernière (2020, dt. Die jüngste Tochter) werden auch ältere Texte, z.B. Auszüge aus Cervantes‘ Don Quijote und Borges‘ Erzählung Pierre Menard, Autor des Quijote (1939) in den Blick genommen, um Wechselwirkungen zwischen Autor:in und Text sowie die Bedeutung von Autorinszenierung und Konkurrenz, Autofiktion, Authentizität und Maskerade in ihrer kulturellen und historischen Einbettung wahrnehmen zu können.
Literaturempfehlungen:
Agamben, Giorgio: „Der Autor als Geste“, in ders.: Profanierungen, Frankfurt a.M. 2005, 57-69.
Schaffrick, Matthias/Willand, Marcus (Hgg.): Theorien und Praktiken der Autorschaft, Berlin/ Boston: De Gruyter 2014.
Wetzel, Michael (Hg.): Grundthemen der Literaturwissenschaft: Autorschaft, Berlin/Boston 2022.
Texte zur Theorie der Autorschaft, hrsg. und kommentiert von Fotis Jannidis, Gerhard Lauer, Matias Martinez und Simone Winko, Stuttgart: Reclam 2000. |