Kommentar |
Aktivistin, Altphilologin, Philosophin, säkulare Jüdin, Marxistin, Syndikalistin, Lehrerin, Schriftstellerin, Mystikerin – Simone Weil (1909-1943) war radikal, provokant, faszinierend und hat im Denken, Schreiben und künstlerischen Schaffen zahlreicher bekannter Persönlichkeiten (u.a. Albert Camus, Heinrich Böll, Ingeborg Bachmann, Maurice Blanchot, Emmanuel Levinas, Susan Sontag, Sheila Heti, Chris Kraus, Alejandra Pizarnik, Patti Smith) ihre Spuren hinterlassen. Sie wird in den letzten Jahren nun (endlich) auch vermehrt in Deutschland rezipiert und übersetzt.
Lange standen sich in der Weil-Rezeption zwei Lager gegenüber: das derjenigen, die sie als politische Denkerin gelesen haben und das vornehmlich katholisch geprägten Leserschaft, die ihr religionswissenschaftliches und spirituelles Potential gesehen haben. Ziel unseres Seminars wird es nicht nur sein, diese beiden Positionen miteinander zu vermitteln, sondern dies insbesondere aus einer literaturwissenschaftlichen Sicht zu tun (wir werden nicht zuletzt Weils Theaterstück „Venise sauvée" behandeln). Konkret bedeutet der literaturwissenschaftliche Zugang, dass wir nah und intensiv an und mit ganz unterschiedlichen Texten Weils arbeiten werden. Weils Auffassung des Lesens nachvollziehend (als achtsames, genaues, strenges und mitunter meditatives Lesen), sollen verschiedene Formen des Close Reading, des Umgangs mit poetischem, theoretischem und nicht-linearem Textmaterial sowie damit einhergehend Reflexionen des eigenen Lesens, Schreibens und Denkens erkundet werden.
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