Kommentar |
Während in globaler Perspektive die Berufung auf Gott und Religion in den letzten Jahrzehnten zu einem (bedrohlichen) Politikum geworden ist, befindet sich Mitteleuropa auf einer Insel der Seligen, die Säkularisierung heißt und wo das Religiöse entweder ganz verschwunden oder als Privatsache heimisch geworden ist. Dennoch ist auch unsere Gesellschaft durchdrungen von Transzendenzerlebnissen, von `Gotteserscheinungen´ (Epiphanien). Genannt seien u.a. auratisch in Szene gesetzte Exponate in Museen, von alten und neuen Medien befeuerte Wunder-Diskurse in Wissenschaft und Alltagskultur, Fankulturen in Sport und Musik, durch Naturerfahrung gespeiste Spiritualität etc. All diese Phänomene bedürfen nicht eines theologischen, sondern eines kulturwissenschaftlichen Zugangs. Die Vorlesung untersucht die Derivate des Religiösen in einer eigentlich areligiösen Zeit nicht geschichtslos, sondern im Rückenwind epochenspezifischer Formationen, die bis ins Mittelalter zurückreichen. |
Literatur |
Hartmut Böhme, Fetischismus und Kultur. Eine andere Theorie der Moderne, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2006; Alexander C.T. Geppert/Till Kössler (Hrsg.), Wunder. Poetik und Politik des Staunens im 20. Jahrhundert, Berlin: Suhrkamp, 2011; Stefan Laube: Von der Reliquie zum Ding. Heiliger Ort – Wunderkammer – Museum, Berlin: Akademie, 2011; Bron Taylor, Dunkelgrüne Religion. Naturspiritualität und die Zukunft des Planeten. Aus dem Engl. und mit einer Nachbemerkung von Kocku von Stuckrad, Paderborn: Brill/Fink, 2020 (amerik. Orig. 2009). |