Während die klassische Moderne dem Ideal einer ‚Reinheit der Künste‘ anhing, sind sich das vermeintlich dunkle Mittelalter und unsere grelle Computermoderne in einem Punkt einig: Buchstaben und Bilder, schriftliche und ikonische Zeichen werden eng zusammengedacht. So sind Handschriften im Mittelalter oft illustriert, Gemälde enthalten selbstverständlich Schriftzüge und in den kunstvollen Initialen der Handschriften wird der Buchstabe selbst zum Bild. Diese Austauschbarkeit von Schrift und Bild hängt auch damit zusammen, dass die mittelalterliche ‚Kognitionstheorie‘ davon ausging, dass die entscheidende Verarbeitung von Informationen im Inneren des Menschen stattfindet, in Gehirnkammern, die wiederum mit (mentalen) Bildern arbeiten. Im SEvschauen wir uns diese mittelalterliche Medientheorie und -praxis näher an und erörtern verschiedene textbildliche Artefakte: die Fortschreibung der antiken Ekphrasis-Tradition im Mittelalter, die Übertragung der Erzählungen höfischer Romane in raumfüllende Wandgemälde, das Verhältnis von inneren und äußeren Bildern in der mittelalterlichen Kognitionstheorie, die Korrelation von Bild und Lebendigkeit (etwa im Pygmalion-Mythos und seinen mittelalterlichen Adaptationen) und schließlich die Heraldik, das eigentümliche, ‚schriftbildliche‘ Zeichensystem des Wappenwesens.Als Arbeitsleitung wird ein Referat, die Leitung einer Sitzung oder eine andere Form der mündlichen Präsentation erwartet.
zur Einführung: Die Textauszüge, mit denen wir arbeiten, werden auf Moodle bereitgestellt. Zur Einführung ins Thema: H. Wandhoff: Zur Bildlichkeit mittelalterlicher Texte. Einleitung. In: Das Mittelalter, Heft 13/1, 2009, S. 3-18; H. Wenzel: Spiegelungen. Kultur der Visualität im Mittelalter. Berlin: Erich Schmidt, 2009.
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