Nachdem „der Autor“ in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts für tot erklärt wurde (Barthes 1968), erweist sich diese Figur in unserer Gegenwart als erstaunlich lebendig. Nicht nur, dass außerhalb der Literaturwissenschaften das Interesse an den Produzent:innen von literarischen Texten seitens ihrer Leser:innen stets ungebrochen war und ist, auch in der literaturwissenschaftlichen Beschäftigung lässt sich seit der Jahrtausendwende die „Rückkehr des Autors“ beobachten (Jannidis et al. 1999). Das Seminar möchte an dieser Beobachtung ansetzen und den Fokus besonders auf einen virulenten Aspekt der literaturwissenschaftlichen Diskussion legen: die Inszenierung von Autor:innenschaft.Neben der Vermittlung von grundlegenden Kenntnissen zu den Fragen „Was ist ein Autor?“ (Foucault 1969) und was heißt eigentlich Inszenierung, möchte das Seminar anhand verschiedener Inszenierungsorte – Auto(r)fiktion, Poetikvorlesung, Autor:innentagebuch, Autor:innenfoto – den Fragen nachgehen: Welche Praktiken nutzen schreibende Menschen, um sich als Autor:innen zu inszenieren? Welche Vorstellungen von Autor:innenschaft liegen diesen Inszenierungen zugrunde? Welche medialen Kanäle sind für diese Praktiken besonders produktiv?Ein weiterer Inszenierungskontext soll abschließend von den Studierenden eigenständig in Form einer Projektarbeit in Kleingruppen (4-5 Studierende) erarbeitet werden. Die Präsentation der Ergebnisse dieser Projektarbeit (Präsentation (ca. 20min) mit Handout (max. 2 Seiten)) ist zugleich die Seminarleistung.Im SE werden wir zwei Ganzschriften lesen (Isabelle Lehn: Frühlingserwachen, 2019; Juli Zeh: Treideln, 2015). Diese schaffen Sie bitte an (die Bücher sind auch über die gängigen Second-Hand-Plattformen verfügbar). Die restlichen Texte werden über Moodle zur Verfügung gestellt.Die Bereitschaft, auch englischsprachige Forschungsliteratur zu lesen, wird vorausgesetzt.
zur Einführung: Gisi, Lucas Marco, Meyer, Urs & Sorg, Reto (Hgg.): Medien der Autorschaft. Formen literarischer (Selbst-)Inszenierung von Brief und Tagebuch bis Fotografie und Interview, München: Wilhelm Fink 2013; Jannidis, Fotis, Lauer, Gerhard, Martinez, Matias, & Winko, Simone (Hgg.): Rückkehr des Autors: zur Erneuerung eines umstrittenen Begriffs, Tübingen: Niemeyer 1999 (= Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur 71); Jürgensen, Christoph & Kaiser, Gerhard (Hgg.): Schriftstellerische Inszenierungspraktiken – Typologie und Geschichte, Heidelberg: Winter 2011; Schaffrick, Matthias & Willand, Marcus (Hgg.): Theorien und Praktiken der Autorschaft, Berlin/Bosten: de Gruyter (= spectrum Literaturwissenschaft. Komparatistische Studien 47).
Für Studierende, die eine MAP zum Kurs planen, gilt aufgrund einer auslaufenden Prüfungsberechtigung als vorgezogener Abgabetermin der 28. Februar 2025
Die Veranstaltung wurde 3 mal im Vorlesungsverzeichnis WiSe 2024/25 gefunden: