Kommentar |
Trost ist ein Konzept, das Literatur und Religion in vielerlei Hinsicht verbindet: als zentrales Motiv der christlichen Religion und als kanonisierter Bestandteil antiker Rhetorik. Zugleich wird Trost in beiden Systemen eine vergleichbare Funktion zugeschrieben: Sowohl Literatur als auch Religion wird nachgesagt, Trost zu spenden. Seit einiger Zeit bestimmen trostkritische Stimmen den Diskurs: Das Christentum basiere auf Jenseitsvertröstungen, und auch die Kulturindustrie produziere lediglich ‚falschen Trost‘. Das Seminar will diese ambivalenten Betrachtungsweisen auf Trost in Literatur und Religion ergründen. Den Auftakt bildet eine grundsätzliche Annäherung an den Begriff des Trostes aus philosophischer, theologischer und literaturwissenschaftlicher Perspektive. Wie lässt er sich von ähnlichen Konzepten wie beispielsweise dem der Hoffnung abgrenzen? Worin besteht der Unterschied zwischen Trost und Vertröstung? Nach einem Exkurs in biblische Trostmotivik (z.B. Das Buch Hiob, Psalmen, neutestamentarische Gleichnisse u.a.) liegt ein Schwerpunkt des Seminars auf Trostkonzeptionen v.a. in der Gegenwartsliteratur (z.B. Clemens J. Setz, Der Trost runder Dinge, 2020; Thea Dorn, Trost, 2021; u.a.). Welche Trostformen werden hier verarbeitet? Welche Brüche und Kontinuitäten lassen sich feststellen im Vergleich zu historischer (religiöser) Trostmotivik? Einen weiteren Inhalt des Seminars bilden alltagskulturelle Praktiken wie Lesen oder Schreiben (anhand von Texten zu Gelegenheiten wie Krankheit, Trennung, Tod), Ausstellen (z.B. mit Blick auf die Dresdner Ausstellung Der Trost der Dinge von Orham Pamuk) oder die Ausübung von Religion (wie Gebet, die Teilnahme an liturgischen Feiern u.a.). Das genaue Korpus wird in der ersten Woche gemeinsam festgelegt; Vorschläge der Teilnehmenden sind ausdrücklich erwünscht. – Erwartete Studienleistung: regelmäßige Teilnahme, Lektüre- und Diskussionsbereitschaft; Mitwirkung an einer Arbeitsgruppe zu einer thematischen Einheit des Seminars (bevorzugt in interdisziplinärer Kooperation), Vorbereitung von Impulsreferaten, eines Thesenpapiers bzw. eines Ergebnisprotokolls zu dieser Einheit. |