Kommentar |
Was ist Rassismus, was ist Antisemitismus, Sexismus, Islamfeindlichkeit, Transfeindlichkeit, Homophobie etc.? Die Ringvorlesung verfolgt das Projekt, die schwierigen begrifflichen Abgrenzungsprobleme, die sich bei der Definition der unterschiedlichen Arten gruppenbezogener Diskriminierung stellen, einmal im Zusammenhang zu erörtern.
Im Fokus sollen nicht die moralischen Fragen stehen (Welche Art von Übel ist gruppenbezogene Diskriminierung?), nicht die politischen (Wie bekämpft man diese Übel effektiv?) und auch nicht die fachpolitischen (Wie kann die akademische Philosophie inklusiver werden?). Vielmehr wollen wir gezielt Definitionsprobleme und daran angrenzende metaphilosophische Fragen in den Blick nehmen. In öffentlichen Debatten ist die Konstellation häufig, dass eine Person als »x-istin« oder ein Phänomen als »X-istisch« eingestuft werden, über diese Einstufung aber Dissens besteht. Es ist sogar die Mehrheit der öffentlichen Kontroversen, in denen die Einstufung selbst der primäre Gegenstand des Streits ist. Es gibt mittlerweile einen weitgehenden gesellschaftlichen Konsens über die moralische Ächtung von Rassismus, Antisemitismus etc. Zugleich besteht Uneinigkeit darüber, welche Phänomene unter die betreffenden Ismen fallen (sollten) und welche nicht. Man könnte sagen: Es ist ein Streit um Worte, aber einer um wichtige Worte.
Dieser Streit wird außerhalb der Universität in der Regel politisch geführt: Wir hätten es mit Begriffspolitik oder Kämpfen um Deutungshoheit zu tun, in denen jede Partei sich den umstrittenen Begriff passend zu den eigenen gesellschaftspolitischen Überzeugungen zurechtschneidert – so, dass die jeweils gewünschte Sortierung von eigenen und gegnerischen Positionen herauskommt.
Gegenüber dieser agonalen Perspektive ist die Ringvorlesung von der Überzeugung getragen, dass die Philosophie ihre Stärken eines klärungs- und aufklärungsorientierten Diskurses nur zur Geltung bringen kann, wenn sie die begrifflichen Fragen nicht zu schnell beiseitelegt, normative Aspekte aber einbezieht. Sie sollte ihre begriffsklärende und normative Expertise hinsichtlich der Metafrage einsezen, woran sich bemisst, wie die Grenzen zwischen X-mus und Nicht-X-mus jeweils vernünftigerweise zu ziehen sind. Stichworte: thick concepts“ conceptual engineering und ameliorative Begriffsanalyse, concept creep, essentially contested concepts, Bündelbegriffe, Verhältnis von einstellungsbezogenen, wirkungsbezogenen und „strukturellen“ Auffassungen von X-mus, X-mus in der Philosophiegeschichte.
Die diversen Aspekte des Problemfeldes werden von einschlägig arbeitenden philosophischen Expert:innen verschiedener Universitäten vorgestellt. Ein Teil der Vorlesungen findet in Präsenz an der Universität Düsseldorf statt und wird live in den Hörsaal gestreamt. In der Regel ist die Hälfte der 90minütigen Sitzung für die einen Vortrag reserviert, die andere Hälfte für die Diskussion. In einigen Sitzungen gibt es Korreferate.
Es wird rechtzeitig ein Moodlekurs eingerichtet, in dem Sie sich über die Einzelheiten und den Vorlesungsplan informieren können. |