Kommentar |
Helden sind Figuren, die nur schwer zu fassen sind. Wer als Held oder Heldin bezeichnet wird, variiert im Laufe der Jahrhunderte stark. Heutzutage nur noch sehr zurückhaltend für eine Person gebraucht, die etwas Außergewöhnliches, als positiv Wahrgenommenes vollbracht hat, war der Held im Dritten Reich ein politischer Kampfbegriff und im 19. Jahrhundert häufig eine nationale Integrationsfigur. Der Ursprung des Begriffes hingegen liegt in der antiken Mythologie, die bestimmte Halbgötter wie Odysseus oder Achill als Heroen bezeichnete. Bei aller Unterschiedlichkeit ist allen Formen von Heldentum doch gemein, dass sie und ihre Taten Gegenstand von medialer Vermittlung sind – an ihre Taten muss erinnert werden, es muss von ihren Leben erzählt werden, damit sie ihre Wirkung entfalten, damit sie überhaupt existieren. Dass dies häufig im Medium der Literatur passiert, zeigt die Tatsache, dass die Begriffe Protagonist und Held fast synonym verwendet werden.
Das Seminar wird sich mit literarischen Darstellungen von Helden in der italienischen Literatur von etwa 1800 bis 1950 befassen. Es wird dabei zum einen um fiktionalisierte Versionen von realen Personen wie Napoleon oder Mussolini gehen, aber auch um fiktive Helden wie Renzo und Lucia aus Manzonis Promessi sposi oder Enrico Bottini und Franti aus Edmondo De Amicis’ Cuore. Schließlich sollen auch literarische Selbstheroisierungen von Schriftstellern wie Gabriele D’Annunzio oder Filippo Tommaso Marinetti diskutiert werden. Die Diskussionen sollen von der Frage geleitet sein, ob es allgemeine, generalisierbare Merkmale von literarischem Heldentum gibt und welche das wären, oder ob und inwiefern die Darstellungen von Heldentum den jeweiligen historischen Kontexten verpflichtet sind. |