Kommentar |
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts treten immer mehr Frauen als Dramenautorinnen hervor – und schreiben ihre Texte durchaus nicht nur für die Schublade! Friederike Sophie Hensel etwa, eine in ihrer Zeit sehr bekannte Schauspielerin, legt mit Die Entführung oder die zärtliche Mutter (1772) ein Stück vor, das zahlreiche Aufführungen erlebt. Ihr Drama, aber auch z.B. Christiane Karoline Schlegels Düval und Charmille (1778), setzt sich mit dem bürgerlichen Trauerspiel auseinander. Beide Autorinnen brechen dessen Tugend-Laster-Schema auf, konfigurieren es gleichsam neu. Friederike Helene Unger lässt in ihrer Posse Der Mondkaiser (1790) einen Heißluftballon auf dem Mond landen und dessen Insassen einen Mondkaiser wählen. Die ganze Bandbreite weiblicher Dramenproduktion um 1800 zeigt sich, wenn Engel Christine Westphalen mit Charlotte Corday (1804) eine „Tragödie in fünf Akten mit Chören“ schreibt, die der Mörderin Jean Paul Marats ein Denkmal setzt. Im Seminar lesen und diskutieren wir Dramentexte von Autorinnen des 18. Jahrhunderts. Dabei geraten auch die – sich bei Hensel etwa in einem Vorbericht zum Drama niederschlagenden – besonderen Rechtfertigungsbedarfe und -strategien weiblichen Schreibens in den Blick. |