Nietzsche hat die Welt in seinem Buch „Die Geburt der Tragödie“ für die Moderne als „ästhetisches Phänomen“ bestimmt, genauer: er sah die einzige „Rechtfertigung“ der Welt und des Daseins im besagten „ästhetischen Phänomen“ („denn nur als aesthetisches Phänomen ist das Dasein und die Welt ewig gerechtfertigt“). Was bedeutet diese Ästhetisierung der Welt unter der Ägide der Moderne? Dabei muss man die ursprüngliche Bedeutung des griechischen „aisthesis“, „Wahrnehmung“ mitberücksichtigen. Im Seminar verfolgen wir das Verständnis der ästhetischen Erfahrung und der literarischen Kommunikation im Zeichen des Wahrnehmungsphänomens um 1900 und weiter. Zeitgenössische Theorien etwa einer „Ästhesiologie des Geistes“ von Helmuth Plessner oder des „Ornaments“ bei Sigfried Kracauer werden mit einbezogen. Schließlich wenden wir uns der gegenwärtigen „Gesellschaft der Singularitäten“ (Andreas Reckwitz) zu und systematisieren ihre diesbezüglichen Schlüsselvorstellungen (etwa „Design“, „Kreativität“ u.a.). Einschlägige Beispiele aus der Gegenwartsliteratur werden herangezogen. Das Seminar strebt ein umfassendes Verständnis des 20. und 21. Jh.-s im Sinne der Ästhetisierung der Welt und des (spätmodernen) Subjekts an – und das in interdisziplinärem Sinne (Literaturtheorie, Literaturgeschichte, Ästhetik, Philosophie, philosophische Anthropologie, Soziologie etc.).
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