Kommentar |
In diesem Seminar werden wir zusammen ausgewählte Passagen aus dem Gedicht Über die Natur der Dinge von Lukrez lesen und analysieren. Diese Art von ‘wissenschaftlichem’ Epos beschäftigt sich mit der Natur der Welt, von ihren kleinsten Bestandteilen und Bewegungsprinzipie, der Natur der Seele und der psychischen Phänomenen, bis zur gesamten Darstellung des Kosmos – oder, besser, der unendlichen vielen Kosmoi, die stetig im Laufe der Zeit entstehen und vergehen. Fragen wie die Rolle der Religion, die Natur der Liebe, die Entstehung der Menschen und die Evolution der Gesellschaft, die Funktion der wissenschaftlichen Hypothesen, die Ursache von Krankheiten und atmosphärischen Phänomenen werden auch diskutiert. Das Gedicht ist aber nicht als bloßes wissenschaftliches Projekt konzipiert, sondern hauptsächlich als eine ethische Mission. Als Vertreter des Epikureismus glaubt Lukrez, dass eine adäquate Kenntnis der natürlichen Phänomenen die Menschen aus ihren tiefsten Ängsten befreien kann, und es ihnen folglich erlaubt, glücklich zu leben. Oder soll man nicht Angst vor dem Tod haben? Soll man eine göttlichen Strafe nach dem Leben nicht fürchten? Ist das körperliche Leiden nicht etwas Unerträgliches? Nein, nein, und nein, sagt Lukrez. Mit seiner anspruchsvollen poetischen Sprache und seinen berühmten Metaphern bildet Lukrez eine Darstellung der Welt, die Antike und Moderne zugleich zutiefst beeinflusst hat.
Wir werden den Text in deutscher Übersetzung lesen; Lateinkenntnisse sind nicht notwendig. |