Kommentar |
In der traditionellen Theologie ist die Ekklesiologie, also die Lehre von der Kirche, gemeinhin christologisch (d.h. in ihrer Einsetzung durch sowie ihrem Rückbezug auf Jesus Christus) fundiert und im Hinblick auf ihre institutionelle Ausgestaltung hin befragt worden. Das II. Vatikanische Konzil (1962–65) hingegen hat in seiner Kirchenkonstitution „Lumen Gentium“ (auch) einen anderen Zugang gewählt: Die Kirche ist demnach „Volk Gottes“ (LG 9–17) und sie ist „communio – Gemeinschaft des Glaubens“ (LG 8). Beide ekklesiologischen Topoi werfen ein Schlaglicht auf eine wesentliche fundamentaltheologische Einsicht: Die Kirche ist eine religiös gewendete Form der Vergemeinschaftung: „Der persönliche Glaube ist auf soziale Abstützung in einer Gemeinschaft von Glaubenden angewiesen“ (Walter Kasper). Damit wiederum ist der Erweis erbracht, dass die Ekklesiologie grundsätzlich der anthropologischen (Zwischen-)reflexion bedarf. Frei nach Karl Rahner (1904–84): Von der Kirche sprechen heißt, den Menschen als soziales Wesen (mit) zu bedenken. Dieser Befund hat gerade angesichts der gesellschaftlichen Umwälzungen der vergangenen Jahrzehnte (fortschreitende Pluralisierung und Säkularisierung der Gesellschaft) an Gewicht gewonnen: Was bedeutet es, in einer säkularen Gesellschaft Kirche zu sein? Welche Herausforderungen stellen sich für die Kirche(n) angesichts der Tatsache, dass sie an dem „Kipppunkt“ (Detlev Pollack) stehen, nicht mehr die Mehrheit der Gesellschaft abzubilden? Vor dem Hintergrund dieser Grundbestimmung soll im Seminar ein methodischer Dreischnitt vorgenommen werden: Zunächst (1) sollen soziologische Konzepte von Gemeinschaft und Vergemeinschaftung in den Blick genommen werden. Anschließend (2) sollen diese Konzepte ekklesiologisch fruchtbar gemacht sowie zuletzt (3) aktuelle Themen der Ekklesiologie im Hinblick auf die Herausforderung des gesellschaftlichen Pluralismus diskutiert werden. |
Literatur |
- Greshake, Gisbert, Kirche wohin? Ein real-utopischer Blick in die Zukunft, Freiburg i. Br. 2020.
- Hoff, Gregor Maria, Gegen den Uhrzeigersinn. Ekklesiologie kirchlicher Gegenwarten, Paderborn 2018.
- Kasper, Walter, Katholische Kirche. Wesen – Wirklichkeit – Sendung, 2., durchgesehene Aufl., Freiburg i.Br. 2011.
- Werbick, Jürgen, Grundfragen der Ekklesiologie (=Grundlagen Theologie), Freiburg i.Br. 2009.
Weitere Literatur wird in der ersten Seminarsitzung bekanntgegeben. |
Bemerkung |
Das Seminar wird in acht Seminarsitzungen in Berlin und als fünftägige Exkursion nach Rom (1.03.-5.03.2023) abgehalten. Seminarsitzungen und Exkursion bilden integrale Bestandteile der Lehrveranstaltung und können nicht gesondert besucht werden. Die An- und Abreise nach Rom sowie die Unterkunft in Rom organisieren und finanzieren die Teilnehmenden selbst. Hinweise werden in der ersten Seminarsitzung gegeben. Ein Zuschuss zu den sonstigen Kosten (Eintrittsgelder, gemeinsame Mahlzeiten etc.) ist beantragt; dessen Höhe wird zu Seminarbeginn bekannt gegeben.
Möglichst frühzeitige Anmeldung bei Herrn Emre Altuntas (per mail altunemr@hu-berlin.de) zu Seminar und Exkursion ist empfehlenswert. Die Teilnehmerzahl ist auf 15 beschränkt. |