Kommentar |
Gruppe 1: Hildegard von Bingen und ihre Schwestern. Vision, Naturkunde und Medizin im Hochmittelalter
Hildegard von Bingen, geboren 1098, gestorben 1179, lebte im „langen 12. Jahrhundert“. In Jahrzehnten, die geprägt waren von sozialer und wirtschaftlicher Mobilität, von kirchlichen Reformen und einem enormen Zuwachs und der Neuorganisation von Wissen, schrieb Hildegard drei berühmte Visionswerke, sie verfasste Bibelkommentare, zwei Biographien, Gesänge, zwei medizinische Werke und musikalische Dramen und entwickelte eine Geheimschrift; sie reiste viel und predigte; ihre Korrespondenz mit Zeitgenossen, darunter Papst Eugen III., König Heinrich II. von England und dem Römischen Kaiser war umfangreich. Weithin vernetzt und ungemein produktiv – so lässt sich die Vita der bereits zu Lebzeiten verehrten Hildegard zusammenfassen.
Im Mittelpunkt des Seminars sollen neben Hildegards prophetischen Schriften die von der Forschung weniger intensiv diskutierten naturkundlich-medizinischen sowie ihre Briefe stehen. Diese werden den Schriften weiterer bedeutender Visionärinnen und Naturkundlerinnen zur Seite gestellt, um in der gemeinsamen Analyse, Besonderes und Zeitspezifisches herauszuarbeiten.
Gruppe 2: Die Elbslawen. Geschichte, Archäologie und Naturwissenschaften auf den Spuren einer im Mittelalter untergegangenen Kultur
Das Seminar beschäftigt sich mit der Bevölkerung slawischer Sprache und Kultur zwischen Mittelelbe und Oder. Bis ins 12. Jh. konnten sich die Elbslawen der dauerhaften Beherrschung durch das westlich benachbarte ostfränkisch-sächsische Reich entziehen und blieben schriftlos, überwiegend gentil („heidnisch“) und nicht in einem Königreich oder Großfürstentum politisch verfasst. Ihre Kultur verschwand im Zuge der sogenannten „deutschen Ostsiedlung“ noch im Spätmittelalter fast völlig. In den regionalen Ortsnamen bleibt sie sehr präsent, jedoch kaum im Geschichtsbewußtsein. Auch die Historiker wissen recht wenig über die Elbslawen, da die Schriftquellen rar und archäologische Befunde in ihrer Aussagekraft beschränkt sind. Ein aktuelles Forschungsprojekt, in das die Teilnehmer Einblicke erhalten sollen, nähert sich ihnen mit einem interdisziplinären Ansatz, der neue Methoden aus der Genetik (DNA-Analyse von mittelalterlichen Körperfunden) erprobt.
Organisatorische Hinweise: 1) Es wird im Seminar eine Übung zur Abfassung wissenschaftlicher Texte stattfinden 2) Die Teilnehmer reichen jede Woche ein kurzes Reflektionspapier über die zu lesenden Texte auf der moodle-Plattform ein 3) Es werden Besuche archäologischer Stätten in Berlin angeboten (Sa, 13.5. u. Sa, 10.6.). |
Literatur |
Gruppe 1: Hildegard von Bingen und ihre Schwestern. Vision, Naturkunde und Medizin im Hochmittelalter
Jennifer Bain: The Cambridge Companion to Hildegard of Bingen, Cambridge u. a. 2021;
Beverly Mayne Kienzle/Debra Stoudt/George Ferzoco: A Companion to Hildegard of Bingen, Leiden/Boston 2014 (Brill’s Companions to the Christian Tradition, Bd. 45);
Rainer Berndt: Im Angesicht Gottes suche der Mensch sich selbst. Hildegard von Bingen, Berlin 2001;
Charles Burnett/Peter Dronke: Hildegard of Bingen. The Context of her Thought and Art, London 1998 (Warburg Institute Colloquia, Bd. 4).
Gruppe 2: Die Elbslawen. Geschichte, Archäologie und Naturwissenschaften auf den Spuren einer im Mittelalter untergegangenen Kultur
Thomas Kersting: Slawen in Brandenburg: eine archäologische Momentaufnahme, in: Wie die Mark entstand. 850 Jahre Mark Brandenburg (Forschungen zur Archäologie im Land Brandenburg), Wünsdorf 2009, S. 15-30
Christian Lübke: Das östliche Europa (Die Deutschen und das europäische Mittelalter), München 2004
Patrick Geary: Herausforderungen und Gefahren der Integration von Genomdaten in die Erforschung der frühmittelalterlichen Geschichte (Das mittelalterliche Jahrtausend 7), Berlin 2021 |