Im August 2022 schwimmen tonnenweise tote Fische im Fluss über die polnisch-deutsche Grenze und die Ursachen sind lange unklar. Die Europäische Kommission bittet um Feedback zur Risikobewertung von elektromagnetischer Strahlung. In Deutschland dauert die jahrzehntelange Diskussion über Atomkraft und die Suche nach geeigneten Endlagerstätten für Atommüll an. Die Beispiele zeigen: Die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Umweltrisiken ist in einer nachhaltig verunreinigten Welt wie der unseren an der Tagesordnung. Doch weil Umweltrisiken nicht auf der Hand liegen, müssen sie immer wieder mühsam produziert und ausgehandelt werden. Dabei verfügt naturwissenschaftliche Forschung über immer feinere Instrumente und abgestimmte Methoden, um ans Licht zu bringen, was Menschen und andere Lebewesen krank macht. Wo Politik und Wissenschaft nicht genau genug hinschauen, erzeugen oftmals Umweltaktivist:innen eine relevante Öffentlichkeit für Risiken und Umweltschäden. Insgesamt fallen die gesellschaftliche Risikowahrnehmung und Beteiligung an Kontroversen allerdings sehr unterschiedlich aus.
Im Seminar erkunden wir den gesellschaftlichen Umgang mit Umweltrisiken und ihre „Logik der Risikoproduktion“, wie sie Ulrich Beck schon 1986 einschlägig beschrieb. Durch die Linse ethnografischer Fallstudien erkunden wir, wie umweltbezogenes Wissen legitimiert wird, demokratische Teilhabe ermöglicht oder unmöglich wird, wie Umweltgerechtigkeit und Wahrheit im Spannungsfeld von Unsicherheit und Nichtwissen ausgefochten werden.
Teilnahmevoraussetzungen sind Interesse an der Thematik, die Bereitschaft zur wöchentlichen Lektüre sowie aktive Beiträge zum Seminar in Form von Gruppenarbeiten und Sitzungsprotokollen. Die Sitzungen finden in im Einklang mit aktuellen Pandemiebestimmungen in Präsenz und in begründeten Fällen auch hybrid statt.
Findet im Rahmen des normalen Lehrprogrammes am Institut für Europäische Ethnologie statt, ÜWP Studierende können zusätzlich teilnehmen.