„Ich möchte vom Leben alles. Ich möchte eine Frau, aber auch ein Mann sein, viele Freunde haben und allein sein, viel arbeiten und gute Bücher schreiben, aber auch reisen und mich vergnügen, egoistisch und nicht egoistisch sein […]“
(Simone de Beauvoir, Brief an Nelson Algren, 1947)
Fällt heutzutage der Name Simone de Beauvoir, so werden die meisten an ihr 1949 auf Französisch erschienenes Werk Le deuxième sexe (Das andere Geschlecht) denken. Wie kaum ein anderer Text prägte es die diskursive Entfaltung des Gleichheitsfeminismus, wie des Feminismus überhaupt.
Wir werden in diesem Seminar neben Le deuxième sexe aber auch andere (bekannte und unbekanntere) Texte Beauvoirs lesen, um die Vielstimmigkeit ihres Schreibens als Feministin, Philosophin, Schriftstellerin gemeinsam zu erkunden. Neben ihrer intellektuellen Rolle für den französischen Existenzialismus (und ihrem immensen Einfluss auf Jean-Paul Sartre) sollen dabei auch ihre Reflexionen über Religion, spezifisch über die Frage des Weiblichen in der Mystik diskutiert werden (Le deuxième sexe wurde nach seinem Erscheinen vom Vatikan auf den Index gesetzt).
Von den Primärtexten Beauvoirs ausgehend werden wir uns darüber hinaus ausgiebig der Rezeption ihres Werkes bis in die aktuelle Gegenwart hinein widmen: Was wurde und vor allem, was wird heute von Beauvoir gelesen? Wie wird sie gelesen und von wem wird an ihr Denken angeschlossen? Wo gibt es Reibungen zu ihren Thesen (z.B. aus dekonstruktivistischer, differenzfeministischer und trans*feministischer Sicht)? Hierzu sollen u.a. Fortschreibungen, Kritiken und Analysen von Hélène Cixous, Toril Moi, Judith Butler, Paul B. Preciado und Legacy Russell wichtige Referenzstrukturen bilden.
Vorbereitend auf das Seminar sei auf die bis zum 16. Oktober 2022 in Bonn laufende Ausstellung über Beauvoir verwiesen, in deren Zentrum Das andere Geschlecht steht.
Das Seminar ist komparatistisch angelegt, was bedeutet, dass die Texte im Original und in Übersetzung gelesen und zur Verfügung gestellt werden. Französisch- sowie Englischkenntnisse sind sehr von Vorteil, aber auch ohne selbige sind Sie herzlich im Seminar willkommen. |