An kaum einem anderen Ort wird der Ruf nach der wirk- und heilsamen Kraft pädagogischer Bemühungen so deutlich wie im Bereich des ‚Politischen‘: Schulen und Erziehung sollen demokratisieren, eine desinteressierte Wählerschaft soll dem Bereich der Bildung zugeführt werden, um nicht auf populistische Programme hereinzufallen, und ganze Bevölkerungen sollen zu gesunder und verantwortungsvoller Lebensführung erzogen werden. Eine solche öffentliche Wahrnehmung stellt große Anforderung an die Erziehungswissenschaft als universitäre Disziplin: Sie soll (normative) Orientierung für erziehungspraktisches, auf Demokratie gerichtetes Handeln geben, auf empirisch-analytischer Ebene Phänomene der Bildung und des Lernens erklären und sich dabei in politischer Verortung an den jeweiligen historischen und gesellschaftlichen Kontexten ausrichten.
Im Seminar werden wir ermitteln, inwiefern ein solcher Zusammenhang zwischen den Sphären des Politischen und des Pädagogischen, zwischen Erziehung und politischer Bildung begründet werden kann und wo die unterschiedlichen Logiken der Praxis der Politik und der Pädagogik Abgrenzungen der beiden Bereiche nahelegen.
In historischer Perspektive werden Schriften aus den Anfängen der Pädagogik als Wissenschaft herangezogen und um systematische Überlegungen zu den Zusammenhängen menschlicher Grundpraxen erweitert. In drei Sondierungen werden dann spezifische Diskurse aufgegriffen: Debatten aus der ‚kritischen‘ Erziehungswissenschaft, aus dem amerikanischen Pragmatismus (und seinem Einfluss auf die Re-Education in Deutschland) und zuletzt neuere Debatten aus der Allgemeinen Erziehungswissenschaft, die den Zusammenhang von Pädagogik und Politik unter den Vorzeichen moderner Subjekttheorien thematisieren. |