Kommentar |
Wettstreite, bei denen Musik oder andere organisierte Geräusche erklingen, sind in so vielen Kontexten, Kulturen und Zeitaltern zu finden, dass man sie als raum- und zeit-, vielleicht sogar als speziesübergreifendes Phänomen bezeichnen kann. Im antiken Griechenland waren sie ebenso fester Bestandteil des kulturellen Lebens wie sie es in Zeiten weltweiter Ableger von The Voice sind. Die Vielfalt der Kriterien, die bei so unterschiedlichen Formaten wie Jugend musiziert, dem Singstreit der Inuit, einem Alphorn-Wettblasen, Bollywood-Tanzwettbewerben, den Samba-Shows im brasilianischen Karneval, dem ESC oder einem Rap Battle zum Tragen kommen, ist groß. Ebenso sind es die von den Beteiligten erhofften Effekte. Wettbewerbe wurden und werden neben vielem anderen z. B. ausgelobt, um den Nachwuchs zu fördern, kulturpolitisch Einfluss zu nehmen, die Bekanntheit von Personen und Musiken zu steigern oder auch um andere Streitigkeiten zu regeln.
In diesem Seminar erschließen wir uns anhand von Beispielen aus mehreren Zeiten und von verschiedenen Orten eine Diskussionsgrundlage, um Gemeinsamkeiten und Differenzen zu thematisieren. Dabei greifen wir auf Studien zurück, die in unterschiedlichen (musik-)wissenschaftlichen Forschungsbereichen entstanden sind. So eröffnet sich auch die Möglichkeit, die heterogenen Frage- und Analysemodi, die von diesen Disziplinen an das Thema herangetragen werden, in den Blick zu nehmen. |
Literatur |
Bohlman, Philip V., „Das Sammeln der Singenden: Über die Archäologie des Gesangswettbewerbs im Zeitalter des europäischen Nationalismus“, in: Archäologie in Deutschland, 2015, S. 85–90
Bullerjahn, Claudia, Johanne Dziewas, Max Hilsdorf, Christina Kassl, Jonas Menze, Heiner Gembris, „Why Adolescents Participate in a Music Contest and Why They Practice – The Influence of Incentives, Flow, and Volition on Practice Time“, in: Frontiers in Psychology (11), 2020, 561814, https://doi.org/10.3389/fpsyg.2020.561814
Dodds, Sherril (Hrsg.), The Oxford Handbook of Dance and Competition, Oxford University Press, 2019
Helms, Dietrich, Thomas Phleps (Hrsg.), Keiner wird gewinnen: Populäre Musik im Wettbewerb, transcript Verlag, 2015
Holmes, Ramona, „‘It’s a Girl Bonding Thing’: Softball Set Cheers in the United States“, in: World of Music (45/1), 2003, S. 119–32
Kaden, Christian, „Verwandlung durch Überraschung: Der Singstreit der Inuit“, in: Ders., Das Unerhörte und das Unhörbare: Was Musik ist, was Musik sein kann, Bärenreiter, 2004, S. 48–52
Näumann, Klaus, Thomas Nußbaumer, Gisela Probst-Effah (Hrsg.), Musikalische Wettstreite und Wettbewerbe, Allitera Verlag, 2018.
Power, Timothy, „Musical Competitors and Competitions in Greece and Rome“, in: Lynch, Tosca A. C., Eleonora Rocconi (Hrsg.), A Companion to Ancient Greek and Roman Music, Wiley, 2020, S. 187–199
Ratcliffe, Laurene, Daniel Mennill, „Do Male Black-Capped Chickadees Eavesdrop on Song Contests? A Multi-Speaker Playback Experiment“, in: Behaviour (141/1), 2004, S. 125–39. https://doi.org/10.1163/156853904772746637. |