Kommentar |
Mit dem Konzept der „unsichtbaren Arbeit“ (invisible work) beschrieb Arlene Kaplan Daniels (1987) jene Formen von Arbeit, die meist unbezahlt von Frauen im Haushalt und Ehrenamt verrichtet und kulturell wie ökonomisch abgewertet wurden. Darauf aufbauende Studien fassen das Konzept mittlerweile weiter (Poster et. al. 2016): Sie inkludieren auch jene Arbeit, die zwar im Kontext von Erwerbsarbeit stattfindet (wie z.B. emotionale Arbeit), aber nicht als solche gerahmt wird und damit unsichtbar bleibt. Aufgrund ihrer historisch bedingten Situiertheit in der Privatsphäre genießen diese Arbeiten nicht die gleiche Sichtbarkeit und Bedeutung wie die „klassische“ produktive Industriearbeit. Carstens und Klein (2020) plädieren deshalb dafür, Unsichtbarkeit als analytische Kategorie für die Erforschung sozialer Ungleichheiten in Bezug auf Arbeit und Geschlecht zu nutzen. So sollte eine kritische Perspektive auf Arbeit berücksichtigen, dass diese immer auch geschlechtlich konnotiert, rassifiziert und klassistisch vermachtet ist (Gutiérrez Rodríguez 2014).
Im Seminar wollen wir u.a. diskutieren, was überhaupt als Arbeit zählt bzw. welche Arbeit sichtbar ist. Warum sind (und bleiben) manche Formen von Arbeit unsichtbar? Welchen Zweck erfüllt unsichtbare Arbeit für die Aufrechterhaltung kapitalistisch organisierter Gesellschaften? Um erste Antworten auf diese Fragen zu bekommen, werden wir uns zunächst das Konzept der unsichtbaren Arbeit (samt seiner theoretischen Erweiterungen) erarbeiten. Im weiteren Verlauf des Seminars widmen wir uns spezifischen Feldern bezahlter und unbezahlter Arbeit im Bereich Sorge und Pflege, digitaler Arbeit oder körpernahen Dienstleistungen.
Das Seminar wird zu Beginn wöchentlich und dann zweiwöchentlich stattfinden. Der 17. und 24.10. finden jeweils von 18-20 Uhr statt. Alle weiteren Termine werden in der ersten Sitzung bekannt gegeben. |
Literatur |
Carstensen, Tanja/Klein, Isabel (2020): Unsichtbare Arbeit: Geschlechtersoziologische Perspektiven auf Verfestigungen und Neuverhandlungen von Ungleichheiten am Beispiel von Digitalisierung, körpernahen Dienstleistungen und der Corona-Pandemie. In: AIS-Studien, 13(2), 61-77. https://doi.org/10.21241/ssoar.70988
Duden, Barbara; Gisela Bock (1977): Arbeit aus Liebe – Liebe als Arbeit: zur Entstehung der Hausarbeit im Kapitalismus. In: Frauen und Wissenschaft. Beiträge zur Berliner Sommeruniversität für Frauen Juli 1976, Berlin: S. 118-155.
Gutiérrez Rodríguez, Encarnación (2014): Haushaltsarbeit und affektive Arbeit: Über Feminisierung und Kolonialität von Arbeit. In: Prokla. Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft, 44 (1), S. 71-91.
Kaplan Daniels, Arlene (1987): Invisible Work. In: Social Problems, 34(5), S. 403-415.
Poster, Winifred R./Crain, Marion/Cherry, Miriam A. (2016): Introduction: Conceptualizing Invisible Labor. In: Marion Crain, Winfried R. Poster und Miriam A. Cherry, Miriam A. (Hrsg.), Invisible Labor. Hidden Work in the Contemporary World. Oakland: University of California Press, S. 3-27.
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