Kommentar |
‚Westliche‘ Gesellschaften wurden seit 250 Jahren in Absetzung von ihrer vererbten standesmäßigen Strukturierung zunehmend auf der Basis von Vorstellungen von Gleichheit und Freiheit umgebaut. Neue Institutionen sind dabei entstanden, ältere wurden an die neuen Leitvorstellungen angepasst. Die Idee, dass alle Menschen – und nicht nur Männer, oder Weiße – gleich und frei sein könnten, bildete ein großes Versprechen, das in der Geschichte nur zum Teil und erst nach sehr vielen Kämpfen zum Tragen kam. Kritiken gegen dieses Programm einer bürgerlichen Gesellschaft der Gleichen und Freien sind bekannt und vielfältig. Denn dieses Programm wurde, besonders in kolonialen Zusammenhängen, sowohl in seinen Grundlagen als auch in seinen Wirkungen als sexistisch, rassistisch und klassistisch charakterisiert. Ungeachtet ihrer Schärfe und im Kontrast zu den Kritiken aus dem Traditionalismus, Faschismus, etc., ist der Umstand bei diesen Kritiken auffällig, dass sie ihre Positionen ebenfalls im Namen von Gleichheit und Freiheit formulieren, so dass hier die Kritik sich aus den enttäuschten Versprechen des Programms und seiner Umsetzung speist.
Das Seminar nimmt die Entstehung und (partielle) Durchsetzung dieses Programms und seines Versprechens in den letzten zwei Jahrhunderten, besonders in den Feldern der Bildung und Schule, in den Blick. Anhand von Analysen und historischen Quellen aus mehreren westlichen Ländern wird das große programmatische Versprechen in seinen Spannungen zu Fragen der Geschlechterunterschiede, der kulturell und ethnisch markierten Differenzen sowie der Persistenz und Reproduktion von Klassenunterschieden diskutiert.
Einzelne englischsprachige Quellen werden berücksichtigt. |