Kommentar |
Für das kommende Wintersemester habe ich entschieden, das Modul „Nachklassische und nachantike Literatur“ als eine thematische Einheit zu gestalten, die dem Thema „Frieden und Pazifismus“ gewidmet werden soll. Dieses Seminar zur Schrift „Defensor pacis“, das 1324 verfasste und dem römisch-deutschen König und späteren Kaiser Ludwig von Bayern gewidmete Hauptwerk des spätmittelalterlichen Staatstheoretikers Marsilius von Padua, ist Teil dieser thematischen Einheit.
Die Abhandlung ist in drei „Darlegungen“ (dicciones) gegliedert. Ihr Thema ist die Aufdeckung und Beschreibung der Hauptursache von Frieden und Unfrieden innerhalb eines christlichen Staates, ihr Zweck das Aufzeigen eines Weges zur dauerhaften Beseitigung der Zwietracht. In der ersten Darlegung legt der Autor eine theoretische Analyse von Wesen und Ursprung der politisch-gesellschaftlichen Organisation des Menschen vor. Daraus leitet er Grundsätze für ein sachgerechtes Funktionieren der Politik ab. Die Richtigkeit seiner Thesen behauptet er wissenschaftlich beweisen zu können. In der zweiten Darlegung untermauert er seinen Standpunkt mit Aussagen von anerkannten Autoritäten und bringt Argumente zur Widerlegung gegnerischer Auffassungen vor. Die dritte Darlegung bietet eine Zusammenstellung von Folgerungen, die Marsilius für zwangsläufig hält, und einen Aufruf zu entsprechendem Handeln.
In dem Kurs werden wir uns vor allem darauf fokussieren, Textabschnitte aus der ersten Darlegung zu übersetzen, darauf abzielend, die Kernelemente und den komplexen theoretischen Hintergrund einer für ihre Zeit revolutionären Staatstheorie zu betrachten, die den Frieden nicht als fernes Ideal, sondern als höchste Aufgabe der staatlichen Machtausübung auffasst, die nur dann als legitim erkannt werden kann, wenn sie sich als friedenstiftend konstituiert.
Eine vollständige Literaturliste wird am Anfang des Semesters bereitgestellt. |