Kommentar |
Die im Jahr 1371 gegründete Straßburger Johanniterkomturei ‚Zum Grünen Wörth‘ avancierte in der Folgezeit zu einer bedeutenden spirituellen und literarischen Institution, die sowohl in Straßburg selbst als auch weit über die Stadtgrenzen hinaus höchstes Ansehen genoss. Der Erfolg der Komturei ist bereits durch ihren Stifter, den ausgesprochen wohlhabenden Kaufmann und Bankier Rulman Merswin (1307‒1382), grundgelegt worden. Im ‚Grünen Wörth‘ verfasste Merswin eine Reihe von mystischen Viten, Traktaten und Briefen, die sein Sekretär Nikolaus von Löwen nach Merswins Tod sammelte und in sogenannten ‚Memorialbüchern‘ arrangierte. Dabei ließ er durch Vorreden und Kommentare den Eindruck entstehen, dass die Merswin-Schriften tatsächlich von zwei Verfassern stammen: Rulman Merswin und dem ‚Gottesfreund im Oberland‘. Letzterer wird als enger Vertrauter Merswins und als spiritus rector des ‚Grünen Wörth‘ inszeniert, welcher der Stiftung eine besondere Dignität verleiht. Wir werden uns im Seminar sowohl konzeptionell als auch inhaltlich mit der ‚Gottesfreundliteratur‘ selbst befassen, aber auch die Geschichte ihrer Erforschung vom Ende des 19. Jahrhunderts bis heute diskutieren. Als Studienleistung wird für einzelne Sitzungen eine intensivierte Vor- und Nachbereitung erwartet (erhöhtes Lesepensum, Auseinandersetzung mit digitalisierten Handschriften aus dem Kontext der ‚Gottesfreundliteratur‘). |
Literatur |
Eine umfangreiche Bibliografie wird im Moodle-Kurs zur Verfügung gestellt. Zur Einführung empfiehlt sich die Lektüre des folgenden Beitrags: Richard F. Fasching: Büchererwerb und -produktion im ‚Grünen Wörth‘. Ein Beitrag zur Bibliotheksgeschichte der Straßburger Johanniterkommende. In: Friends of God. Vernacular Literature and Religious Elites in the Rhineland and the Low Countries (1300‒1500). Hrsg. von Wybren Scheepsma, Gijs van Vliet, Geert Warnar. Rom 2018 (Temi e Testi 171), S. 163‒198. |