Kommentar |
Die Stadtanthropologie hat sich kaum mit dem Urbanismus – jener modernen Entwurfsdisziplin und Regierungspraxis der Konzeption, Gestaltung und Intervention von städtischen Umwelten – empirisch auseinandergesetzt. Von frühen Ansätzen der humanen Ökologie (Chicago School) bis zu der gängigen Fokussierung auf urbane Praktiken und Taktiken (de Certeau) sowie auf die soziale Konstruktion von Raum (Low) gleicht der Forschungsgegenstand der Stadtanthropologie der Stadt minus ihrer natürlichen und gebauten Umwelt. Die letzten Jahre verzeichnen eine erstaunliche Zunahme von stadtanthropologischen Studien, die inspiriert von der Anthropologie der Infrastrukturen, der Akteur-Netzwerk-Theorie und/oder der Multispezies-Ethnographie nicht nur den Fokus auf den Urbanismus als Entwurfsdisziplin oder Regierungspraxis legen, sondern auch auf die städtebaulichen Handlungen und Auswirkungen von nicht-menschlichen Agenten, wie etwa Baumaterialien, Schadstoffe, Bodensubstrate, technische Artefakte, Pflanzen, Tieren, geologische Triebkräfte usw. In diesem Seminar widmen wir uns diesen Studien und bringen wir sie konzeptionell zusammen als Beiträge zu einer noch nicht ausformulierten Anthropologie des Urbanismus. |