Soziologische und kulturwissenschaftliche Studien der letzten Jahre haben eine zunehmende ‚Ökonomisierung‘ von Liebe, Ehe und Romantik beschrieben. Insbesondere die Phase der Beziehungsanbahnung – das ‚Dating‘ also, oder unmodern gesprochen: die ‚Werbung‘ – steht, wie insbesondere Eva Illouz hervorgehoben hat, im Zeichen des Konsums.
Obwohl unsere heutige Vorstellung von Liebe mit dem Ideal von Selbstaufgabe und irrationaler Leidenschaft einhergeht, so ist die Suche und Wahl eines Partners oder einer Partnerin häufig von sehr ‚unromantischen‘, rationalen Prozessen der Selektion und Evaluation geprägt. Dass dies keine neue Entwicklung ist, sondern dass Gefühl und Kalkül durch alle Zeiten hindurch miteinander in enger Verflechtung stehen, hat bereits Niklas Luhmann gezeigt. Die Ehe oder feste Partnerschaft lässt sich dabei – so die leitende Überlegung des Seminars – als eine kulturelle Klammer verstehen, mit der die beiden spannungsreichen Faktoren Liebe und Ökonomie miteinander vermittelt werden.
Auf der Grundlage der genannten Theorieansätze werden wir im Seminar untersuchen, wie Ehe und Partnerschaft als institutionelle Formen der Vermittlung von Liebe und Ökonomie, Gefühl und Kalkül in der Literatur dargestellt werden. Dabei geht es unter anderem darum nachzuzeichnen, wie die beiden Faktoren durch die Geschichte hindurch jeweils unterschiedlich miteinander korreliert werden. Neben literarischen Texten werden wir uns mit Filmen beschäftigen und uns mit aktuellen Phänomenen wie Online-Dating oder Hochzeitsmessen beschäftigen.
Literatur zur Einführung:
Becker, Gary S.: The Economic Approach to Human Behavior. Chicago / London 1976.
Collins, Randall: Sociology of Marriage & the Family. Gender, Love, and Property. Chicago 1985.
Illouz, Eva: Consuming the Romantic Utopia. Love and the Cultural Contradictions of Capitalism. Berkeley / Los Angeles / London 1997.
Luhmann, Niklas: Liebe als Passion. Frankfurt a.M. 1982.
Weigel, Moira: Labor of Love. New York 2016.
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