Kommentar |
Muslimische Theologen haben sich in diversen theologischen Disziplinen mit ethisch relevanten Fragen auseinandergesetzt. Damit war die Ethik ein intradisziplinäres Thema, ein Forschungsfeld zwischen Rechtswissenschaften (fiqh), Systematische Theologie (kalām), Hadithwissenschaften und Koranexegese (tafsīr). Darüber hinaus beschäftigten sich auch Bewegungen wie die Askese (zuhd) mit ethisch relevanten Fragen und Problemen. Eine eigenständige Disziplin der Ethik gab es daher bis zum 5/11. Jhd. nicht. Erst mit Einfluss von unterschiedlichen Denkern, wie z.B. Ibn Miskawayh (gest. 421/1030), Ibn Sīnā (gest. 428/1037) und Naṣīr ad-Dīn aṭ-Ṭūsī (gest. 672/1274) etablierte sich eine neue Traditionslinie in der Theologie, in der die Ethik neben theologischen auch mit Rücksicht auf philosophische und mystische Konzepte systematisch ausgearbeitet wurde. In dieser Traditionslinie befindet sich auch das Ethik-Konzept von ʿAḍud ad-Dīn al-Īǧī (gest. 756/1355). Sein Werk Risālat al-aḫlāq (bekannt als al-Ahlāq al-ʿAḍudiyya) brachte zahlreiche Kommentare hervor, die seine Ausführungen zur Ethik weiterdachten. In diesem Kurs sollen anhand des berühmtesten Kommentarwerks Šarḥ al-Aḫlāq al-ʿAḍudiyya von Ṭāšköprīzāde Aḥmed Efendī (gest. 968/1561) einige theoretische Konzepte dieses Genres herausgearbeitet und auf Möglichkeiten des Transfers auf zeitgenössische Fragen diskutiert werden. Aber auch Probleme aus dem Bereich der praktischen Ethik sollen angegangen werden. Ziel ist es dabei, ein Verständnis für rezeptions- und ideengeschichtliches Arbeiten zu entwickeln. |