Kommentar |
Sie studieren Philosophie, haben sich also irgendwann dafür entschieden, zu studieren und genauer dafür, Philosophie zu studieren. Und nun überlegen Sie sich, ob sie an diesem Seminar teilnehmen und möglicherweise darin Leistungen für Ihr Studium erbringen möchten. War Ihre Wahl zum Philosophiestudium eine autonome Wahl? Leben Sie vielleicht sogar in Ihrem Studium ihre Autonomie aus? Sofern Sie sich für das Seminar entscheiden, wird es für die Autonomie Ihrer Wahl eine Rolle spielen, welche und wie viele Informationen Sie in diesem Text über das Seminar und seinen Verlauf erhalten?
Was ist Autonomie? Und ist Autonomie gut? Wir gehen für gewöhnlich davon aus, dass wir autonom sind, dass wir es sind, die ihr Leben führen, und dass unsere Autonomie auch einen Wert darstellt, dass vielleicht der Wert des Lebens darin besteht, es autonom zu führen. Aber worin genau besteht die Autonomie? Darin, dass wir frei entscheiden können? Aber sind tatsächlich alle Entscheidungen autonom? Was unterscheidet dann autonome von nicht oder weniger autonomen Entscheidungen? Ist Autonomie letztlich nichts Anderes als Willensfreiheit? Sofern die Wahl- und Entscheidungsfreiheit für Autonomie zentral ist, wird dann unsere Autonomie durch eine Erweiterung von Wahloptionen erweitert? Ist es grundsätzlich besser, mehr Optionen zu haben, als weniger? Was ist aber, wenn wir in alltäglichen Kaufentscheidungen von Kombinationen und Optionen förmlich erschlagen werden? Schränkt uns dies vielleicht eher ein, als dass es uns fördert? Und ist überhaupt die Wahlfreiheit selbst das, was unsere Autonomie ausmacht oder erst eine Fähigkeit, uns zu unseren Wünschen und Entscheidungen nochmal verhalten zu können?
Neben diesen abstrakteren und allgemeineren Fragen zu Autonomie kann man aber auch Fragen danach stellen, welche konkrete Rolle Autonomie in verschiedenen Lebensbereichen spielt. Wie sind etwa Zustimmungen zu werten, sei es bei unserer Stimmabgabe in politischen Wahlen, sei es zu medizinischen Eingriffen. Sind gesellschaftliche und rechtliche Arrangements, die weniger von unserer Zustimmung abhängig machen, besser, als solche, in denen wir allem zunächst auch zustimmen müssen? Verlieren wir an Autonomie, wenn die Ärztin darüber entscheidet, welcher medizinische Eingriff vonnöten sein wird? Gewinnen wir an Autonomie, wenn wir selbst mit wählen können, welche Personen in der folgenden Amtsperiode Entscheidungen über öffentliche Fragen unserer Kommune treffen dürfen?
In dem Seminar wollen wir uns anhand der Monographie The Theory and Practice of Autonomy (1988) von Gerald Dworkin mit dem Phänomen der Autonomie auseinandersetzen. Dabei werden wir uns zunächst mit theoretischen, konzeptuellen Merkmalen von Autonomie beschäftigen, um diese dann auf konkrete Phänomene anzuwenden. Bei Letzteren geht es etwa um die verschiedenen Fälle von Zustimmung. Hier ist zu nennen das Ärzt:innen-Patient:innen-Verhältnis und die sogenannte informierte Zustimmung/Einwilligung in medizinische Eingriffe. Damit zusammen hängen Fragen des Paternalismus. Weiter sind Fragen der (insb. politischen) Repräsentation und die Zustimmung in diese ein wichtiger Bestandteil. |