Kommentar |
Als Komposition mit intentionaler Wirkung funktioniert Funktionale Musik zunächst zweckgebunden und integriert innerhalb eines vorgesehenen Kontexts (einer Räumlichkeit, einer gesellschaftlichen Situation etc.), wobei formale und inhaltliche Aspekte dieser angewandten Produktion durch eben diese Einbindung begründet erscheinen. Eine im Seminar angestrebte, überblicksartige Analyse dieser facettenreichen Praxis kann demnach nicht bei den klanglichen Aspekten verbleiben, sondern muss darüber hinaus insbesondere auf die relationale Wechselwirkung zwischen Musik/Sound-Design und dem jeweiligem Funktionszusammenhang eingehen. Dieser betrifft weitgreifend verschiedenste außermusikalische Gegenstandsbereiche (Religion, Politik, Bildung, Unterhaltung, Business, Konsum, Architektur, Therapie u. a.), wobei sich die musikalische Produktion wiederum in verschiedensten Formaten manifestiert und von der Idee einer Programmmusik über die Filmmusik, Musique d'Ameublement (Eric Satie), Ambient Music (Brian Eno), bis hin zur Soundscape-Bewegung (Murray Schafer), zu Sonic-Branding oder zur Musiktherapie reicht. Dabei sollen neben den Klangbeispielen technologische, naturwissenschaftliche, sozialwissenschaftliche und philosophisch-ästhetische Perspektiven und Begrifflichkeiten die komplexe Gesamtdimension sowohl auf der Produktions- als auch auf der Rezeptionsebene verdeutlichen, beispielsweise wenn es um das dynamische Zusammenspiel von relationalem Handlungsraum (M. Löw), Improvisation (G. Bertram), Atmosphäre (G. Böhme), Resonanz (H. Rosa) und Emotion (S. Koelsch) geht, welches häufig die Funktionserfüllung und damit schließlich auch die In-formation der Musik, des jeweiligen Kontexts und des Rezipienten begründet.
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Literatur |
- Martina Löw, Raumsoziologie, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 2001
- Theodor W. Adorno, Einleitung in die Musiksoziologie, Zwölf theoretische Vorlesungen, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 1962
- Gernot Böhme, Atmosphäre, Essays zur neuen Ästhetik, Suhrkamp Verlag, Berlin 2013
- Georg W. Bertram, Michael Rüsenberg, Improvisieren! Lob der Ungewissheit, Reclam Verlag 2021
- Stefan Kölsch, Good Vibrations, Die heilende Kraft der Musik, Ullstein Verlag, Berlin 2019
- Günther Rötter (Hrsg.), Handbuch Funktionale Musik, Psychologie – Technik – Anwendungsgebiete, Springer Verlag, Wiesbaden 2017
- Andreas C. Lehmann, Reinhard Kopiez (Hrsg.), Handbuch Musikpsychologie, Hogrefe Verlag Bern 2018
- Paul Steiner, Sound-Branding, Grundlagen akustischer Markenführung, Springer Verlag, Wiesbaden 2018
- Hans Heinrich Eggebrecht, Funktionale Musik, in: Archiv für Musikwissenschaft, 30. Jahrg., H. 1, Franz Steiner Verlag 1973, S. 1-25
- Daniel Morat, Hansjakob Ziemer (Hrsg.), Handbuch Sound, Geschichte – Begriffe – Ansätze, J. B. Metzler Verlag, Stuttgart 2018
- Malte Hagener, Volker Pantenburg (Hrsg.), Handbuch Filmanalyse, Springer Verlag, Wiesbaden 2020
- Peter Wicke, "Populäre Musik" als theoretisches Konzept, http://www.popmusicology.org/PDF/pst01_wicke.pdf |