Kommentar |
Im Mittelpunkt des Seminars stehen experimentelle und innovative Konzepte, Formate und Prozesse des Lernens, die die Diskurse und Praktiken bildender Kunst während des 19., 20. und 21. Jahrhunderts radikal verändert haben. Diese neuen Lehrmodelle operierten häufig zunächst inoffiziell, auf der Grundlage persönlicher Netzwerke und am Rande von oder in expliziter Differenz zu etablierten Institutionen. Beispiele sind neben den heute wohlbekannten Kunstschulen Bauhaus (1920er Jahre), Black Mountain College (1930er-1950er Jahre) oder der Hochschule für Gestaltung Ulm (1950er-1960er Jahre) auch die Needlework Class der Glasgow School of Art (1890er Jahre), die Bengal School of Art, Kolkata (1920er Jahre) oder die die Fotografik-Abteilung an der Hochschule für Gestaltung Leipzig (1970er-1980er Jahre). Auch künstlerische Aktivitäten, die explizit auf das gemeinsame Lernen außerhalb von designierten Strukturen der Weiterbildung abzielen, bzw. diese zweckentfremden, werden diskutiert – beispielsweise Konzepte des „de-schooling“ und „de-skilling“ oder Formate wie die Lecture Performance oder der Workshop im Rahmen aktivistischer Kunstpraktiken seit den 1960er Jahren. Zwei historische Perspektivierungen bilden die Grundlage unserer Überlegungen: Zum einen arbeiten wir die entscheidende Rolle auf, die der bildnerischen Gestaltung im Rahmen alternativer pädagogischer Theorien und Ansätze seit dem späten 18. Jahrhundert zugeschrieben wird (z.B. Friedrich Froebel, Johann Heinrich Pestalozzi, John Dewey, John Ruskin, Paolo Freire). Zum anderen analysieren wir, inwiefern diese Umwälzungen pädagogischer Normen und Konventionen zu neuen Ansätzen in der Kunstausbildung selbst führten. Durch den Fokus auf die Theorien und Praktiken der Kunstausbildung können vielfältige Verbindungsstellen zwischen grundlegenden soziokulturellen Umwälzungsprozessen und dynamisch sich verändernden künstlerischen Praktiken adressiert und analysiert werden. |
Literatur |
Adamson, Glenn/Bryan-Wilson, Julia. Art in the Making: Artists and their Materials from the Studio to Crowdsourcing. London: Thames & Hudson 2016; Bruce, Tina. Recurring Themes in Education. London: Paul Chapman Publishing 1995; Dewey, John. Democracy and Education. An Introduction to the Philosophy of Education. New York: Free Press 1997; Dewey, John. Experience and Education. New York, NY [u.a.]: Collier [u.a.] 1963; Freire, Paulo. Pedagogy of the Oppressed. New York: Herder & Herder 1971; Garoian, Charles R. Performing Pedagogy. Toward an Art of Politics. Ithaca: State University of New York Press 1999; Hewison, Robert. Ruskin and Oxford. The Art of Education. Oxford: Clarendon Press, 1996; Holert, Tom. Künstlerwissen. Studien zur Semantik künstlerischer Kompetenz im Frankreich des 18. und frühen 19. Jahrhunderts, München: Fink 1997; Molesworth, Helen/Erickson, Ruth. Leap Before You Look: Black Mountain College 1933-1957. Boston: Institute of Contemporary Art; New Haven; London: Yale University Press, 2015; Paterson, Elaine Cheasley/Surette, Susan. Sloppy Craft. Postdisciplinarity and the Crafts. London/New Delhi/New York/Sydney: Bloomsbury Academic 2015; Spivak, Gayatri Chakravorty. An Aesthetic Education in the Era of Globalization. Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press, 2012; Wick, Rainer. Bauhaus. Kunst und Pädagogik. Oberhausen: Athena 2009. |
Bemerkung |
Das Seminar findet in Kooperation mit Prof. Dr. Eric de Bruyn, FU Berlin, statt.
Die Teilnahme ist auf 25 Personen begrenzt. Voraussetzung für die Teilnahme an der Lehrveranstaltung ist die Anmeldung über AGNES und Anwesenheit in der ersten Sitzung. |