Kommentar |
Um sich selbst mitzuteilen, schreibt der slowakische Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Juraj Briškár in seinem Essay Eine kurze Geschichte des Gehens (2014), brauchen die Menschen keine Gedichte zu verfassen. Eine bessere Gelegenheit zum Selbstausdruck biete ihnen schlichtweg das Gehen: Treppen steigen, auf der Straße flanieren, in der Stadt umherschweifen, in den Bergen wandern, im Garten spazieren, auf die Straße gehen und protestieren. Und dennoch – oder vielleicht gerade deswegen – verflechten sich Schreiben und Gehen in der Literatur- und Kulturgeschichte auf vielfältige Art und Weise und bilden epochen- und autorenspezifische Poetiken des Gehens. Im Seminar werden wir dieser Verknüpfung zwischen Schreib- und Raumpraktiken des Gehens nachgehen und uns mit der Geschichte der theoretischen und programmatischen Reflexionen über ihre Poetiken befassen. Die Analysearbeit an Beispielen aus den slawischen Literaturen (B. Ćosić, I. Erenburg, N. Gogol‘, W. Gombrowicz, M. Jesenská, V. Nezval) und anderen Medien (Film, Fotografie, Performance) orientiert sich darüber hinaus an folgenden thematischen Schwerpunkten: Schreibengehen, Gattungspoetiken des Gehens (Essay, Feuilleton, očerk), weibliche Flanerie, Gehen und Performativität, Gehen im Exil. Die zu diskutierenden Textauszüge liegen auch übersetzt vor und werden in moodle zur Verfügung gestellt. |