Kommentar |
Spätestens seitdem sog. ‚Wutbürger‘ gegen Bauprojekte, Geflüchtete und Corona-Maßnahmen demonstrieren und die deutsche Öffentlichkeit damit in helle Aufregung versetzen, sind Affekte und Gefühle wieder ein Politikum. Nicht erst in diesem Kontext, der das Phänomen des sozialen Ressentiments oder Grolls in ein neues Licht gerückt hat, sondern angeregt durch die Affect Theory sind auch literaturwissenschaftliche Beiträge zu negativen Affekten in den vergangenen Jahren zahlreicher geworden. Der Affekt selbst ist – folgt man etwa Sarah Ahmed oder Ann Cvetkovich – ein soziales Phänomen, und gerade negative Affekte, die auf eine dynamische Auslöschung ihr selbst zielen, sind dabei notwendiger Ausgangspunkt für gesellschaftliche Veränderungen. Das SE wird zunächst das Feld der zeitgenössischen und auf die Gegenwart bezogenen Affekttheorie sondieren, um dieses theoretische Vokabular dann in der Lektüre verschiedener literarischer Texte (unter anderem Theodor Fontanes Grete Minde (1880), Paul Heyses F.V.R.I.A. (1886) und Thomas Bernhards Alte Meister (1985)) auszutesten. |
Literatur |
Sara Ahmed: The Cultural Politics of Emotion. Edinburgh 2004; Jürgen Brokoff, Robert Walter-Jochum (Hg.): Hass/Literatur. Literatur- und kulturwissenschaftliche Beiträge zu einer Theorie- und Diskursgeschichte, Bielefeld 2019; Johannes Lehmann: Im Abgrund der Wut. Zur Literatur- und Kulturgeschichte des Zorns, Freiburg 2012. |