Kommentar |
Die CoVid-Krise hat der Frage nach der Rolle der christlichen Kirchen - und weitergehend auch weiterer religiöser Gemeinschaften - in digitalen Öffentlichkeiten auch innerkirchlich Aufmerksamkeit verschafft. Sie ist aber auch unabhängig davon von hoher Bedeutung, weil mediale Repräsentationen auch für religiöse Praxen stets zentral sind: War der Buchdruck mit beweglichen Lettern als mediale Revolution zentral am Phänomen der Reformation beteiligt, ist es heute die Digitalität, die das Verhältnis von Kirche und Öffentlichkeit neu zu justieren erlaubt - und zwingt.
In Korrespondenz mit Jürgen Habermas' grundlegender Arbeit zum 'Strukturwandel der Öffentlichkeit', in der dieser Phänomen und Normativität einer Zentralkategorie der bürgerlichen Gesellschaft untersucht und ihre Demokratisierung gefordert hatte, analysierte Wolfgang Huber in seinem Standardwerk 'Kirche und Öffentlichkeit' die Öffentlichkeitsbeziehungen der Kirchen und plädierte - sozialwissenschaftlich informiert - für ein praktisch wirksames Verständnis, das die Kirchen als zivilgesellschaftliche, beteiligungsorientierte Verbände statt als hierarchische, staatsanaloge Autoritäten zu fassen suchte.
Während sich die Gesellschaftswissenschaften gegenwärtig mit den Implikationen des digitalen Strukturwandels der Öffentlichkeit befassen, steht eine systematische Reflexion der Bedeutung der Digitalisierung für die Öffentlichkeitsrelation der Kirchen aus - dieser Frage wollen wir uns im Seminar widmen. |
Literatur |
zur Vorbereitung: Wolfgang Huber, Kirche und Öffentlichkeit, Stuttgart 1973; Jürgen Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft, Frankfurt 1962, 1990; Martin Seeliger, Sebastian Sevignani (Hg.), Ein neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit? Leviathan Sonderband 37/2021; Jonas Bedford-Strohm, Florian Höhne, Julian Zeyher-Quattlender (Hg.), Digitaler Strukturwandel der Öffentlichkeit. Ethik und politische Partizipation in interdisziplinärer Perspektive, Baden-Baden (Nomos) 2019; Frederike van Oorschot, Digital Theology. Systematisch-theologische Perspektiven auf ein entstehendes Forschungsfeld, Verkündigung und Forschung 65/2 (2020), 162-171 (https://www.degruyter.com/document/doi/10.14315/vf-2020-650213/html, Zugriff 13.01.2022). |